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VSU-Schlagzeilen 23.09.2021

VDA-Präsidentin Müller sieht jeden vierten Job im Fahrzeugbau gefährdet / Lob und Kritik an Verdienstausfallentscheidung für Ungeimpfte / Arbeitgeber fordern von neuer Bundesregierung 'Zukunftsagenda 2030'

Saarland 
VDA-Präsidentin Müller sieht jeden vierten Job im Fahrzeugbau gefährdet 
VSU im Gespräch mit… Bundesverfassungsrichter Peter Müller 
Auch Saarlouis klagt gegen Grubenwasseranstieg  

Arbeitswelt 
Lob und Kritik an Verdienstausfallentscheidung für Ungeimpfte 
 
Konjunktur 
Studie: Branchen profitieren sehr unterschiedlich vom Aufschwung 
Eurozone-Verbrauchervertrauen hellt sich auf 
  
Wirtschaftspolitik 
US-Notenbank will bis Mitte 2022 aus Anleihekäufen aussteigen 
EU-Handelshilfe für arme Länder soll grüner werden 
EU-Kommission schlägt höhere Kapitalanforderungen für Versicherer vor 
Kammer: Keine Chance für britischen Beitritt zu Amerika-Handelspakt 
 
Politik 
Arbeitgeber fordern von neuer Bundesregierung 'Zukunftsagenda 2030' 
  
Interview 
Wolf warnt: „Rot-Rot-Grün wäre Gift“ (Handelsblatt) 

Saarland 

VDA-Präsidentin Müller sieht jeden vierten Job im Fahrzeugbau gefährdet 
Der Verband der Automobilindustrie erwartet, dass bis 2025 knapp ein Viertel der Jobs im Fahrzeugbau gefährdet ist. Das sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller am Rande einer Veranstaltung des Vereins Autoregion. Sie betont aber, dass durch Digitalisierung auch neue Arbeitsfelder entstehen. Beim Pkw sei die Entscheidung für den Elektroantrieb gefallen, sagte Müller. Je schneller es gelinge, die Werke umzubauen, desto besser für die Beschäftigten. Es sei wichtig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter zu qualifizieren und in andere Branchen zu vermitteln, in denen es Fachkräftemangel gebe. Bei den Zulieferern seien im Durchschnitt sogar 80 Prozent der Arbeitsplätze vom Verbrennungsmotor abhängig. Die Branche nehme den Klimaschutz ernst und wolle bis 2050 CO2-frei werden. Allerdings müsse die Ladeinfrastruktur besser werden. Armin Gehl vom Verband autoregion fordert, dass die Politik synthetische Kraftstoffe anerkennt. Wenn es gelinge, Autos mit Verbrenner mit solchen E-Fuels zu betreiben, könne die CO2-Problematik im Verkehr gelöst werden. Im Fahrzeugbau im Saarland sind über 40.000 Menschen beschäftigt. (Quelle: SR) 

VSU im Gespräch mit… Bundesverfassungsrichter Peter Müller 
Mit einem aufsehenerregenden Urteil zur Klimapolitik hat das Verfassungsgericht der Politik in Deutschland zuletzt klare Leitlinien gesetzt. Bei den Corona-Maßnahmen ist das höchste Gericht ebenso gefragt wie bei der Umsetzung europäischen Rechts in Deutschland. Über die Rolle der Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland und Europa sprechen wir am 6. Oktober von 12 bis 13 Uhr mit Peter Müller, Richter des Bundesverfassungsgerichts.  
„VSU im Gespräch mit...“ ist ein Format, das mittags als Video-Konferenz stattfindet. Sie können sich per Computer, Tablet oder Handy einwählen.  
Bitte melden Sie sich bis zum 01.10.2021 unter www.anmeldung-saar.de/talk-mueller an. 
Die Einwahldaten erhalten Sie dann vorab per Mail. (Quelle: VSU) 

Auch Saarlouis klagt gegen Grubenwasseranstieg  
Die Stadt und die Stadtwerke Saarlouis klagen gegen den genehmigten Grubenwasseranstieg in früheren Steinkohlegruben. Eine solche Klage ist am Montag beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes eingegangen, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Die Klage wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Oberbergamtes vom 17. August. Die Stadt Dillingen hatte bereits zuvor Klage eingelegt. Weitere Kommunen wollen nachziehen. Die Pläne erlauben die teilweise Flutung von ausgedienten Steinkohlegruben. Der Bergbaukonzern RAG hatte unter Auflagen die Genehmigung erhalten, den Grubenwasserspiegel in Reden und Ensdorf auf minus 320 Meter unter null ansteigen zu lassen. Kritiker befürchten Verunreinigungen des Grundwassers, Erdbewegungen und Gasaustritte. Betroffen sind insgesamt 600 000 Einwohner in rund 30 Gemeinden im Saarland. (Quelle: Saarbrücker Zeitung)


Arbeitswelt 
  
Lob und Kritik an Verdienstausfallentscheidung für Ungeimpfte 
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben beschlossen, dass Covid-Ungeimpfte spätestens ab November keinen Verdienst-Ausgleich im Quarantänefall mehr von den Ländern bekommen. Entschädigungen für Verdienstausfall bei einer Quarantäne sollen lediglich Personengruppen erhalten, für die es keine Impfempfehlung gibt. Dasselbe gilt für Personen, die sich ärztlich bescheinigen lassen können, dass sie nicht geimpft werden können. Ab 11. Oktober müssen zudem Schnelltests, die etwa beim Zugang zu Restaurants oder Veranstaltungen zu nutzen sind, meist selbst bezahlt werden.
Die Arbeitgeber stellten sich hinter den Beschluss. "Wir Arbeitgeber stehen dafür ein, unsere Beschäftigen bestmöglich – und nicht nur in der Pandemie zu schützen", teilte die BDA mit: "Wer sich – trotz objektiver Möglichkeit – nicht impfen lässt, muss auch die Konsequenzen tragen. Das darf nicht zulasten der Betriebe gehen." Dass der Staat festlege, dass auch die Steuerzahler nicht in die Pflicht genommen werden sollen, sei nur konsequent. 
Jens Colling, Geschäftsführer der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände, begrüßte den Beschluss. „Bis Ende des Monats hatten alle die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Wer sich gegen diese Impfung entscheidet, tut das auf eigenes Risiko. Dann ist es aber nur gerechtfertigt, dass die Allgemeinheit die Kosten einer Quarantäne dann nicht mehr tragen muss.“ Gleichzeitig sprach sich die VSU erneut dafür aus, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen. Colling betonte, dass die Arbeitgeber nicht nur den Impfstatus, sondern auch die Gründe für eine Nicht-Impfung erfragen können müssten, weil sie sonst das volle Risiko tragen müssten, wenn die Lohnfortzahlung vom Land nicht erstattet wird. 
Die IG Metall erklärte, Impfen laute das Gebot der Stunde. "Aber den Konflikt um Impfungen in die Betriebe zu verlagern und so die Belegschaften zu spalten war, ist und bleibt falsch", sagte Vorstandsmitglied Urban. Die NRW-Vorsitzende des DGB, Weber, erklärte: "Es ist klar, dass wir eine höhere Impfquote brauchen. Nicht nachvollziehbar ist aber, dass Wege wie zum Beispiel die 2G-Regel im öffentlichen Raum nicht ausgelotet werden, sondern die Konflikte in die Betriebe getragen werden - und das mit zweifelhafter Rechtsgrundlage." Es mache einen Unterschied, ob Kino- oder Restaurantbesuche erschwert würden, oder ob man bei Arbeit und Entgelt ansetze und damit an die Existenzgrundlage gehe.  
(Quelle: Reuters, dpa, VSU, WAZ, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
  
  
Konjunktur 
  
Studie: Branchen profitieren sehr unterschiedlich vom Aufschwung 
Die deutsche Industrie profitiert von der Erholung der Weltwirtschaft und wird nach Einschätzung des Forschungs- und Beratungsunternehmens Prognos trotz aktueller Lieferengpässe 2021 kräftig wachsen. Viele Dienstleistungsunternehmen hätten es dagegen schwer, auf ein gutes Jahresergebnis zu kommen, heißt es in der Prognos-Branchenprognose weiter. Insgesamt rechnen die Experten damit, dass das deutsche BIP 2021 um 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr wächst und im kommenden Jahr um 4,3 Prozent zulegt: "Wir erwarten, dass gut zwei Drittel der gesamtwirtschaftlichen Verluste aus 2020 in diesem Jahr wieder wettgemacht werden können." 2022 werde die Wirtschaftsleistung wieder höher ausfallen als vor der Krise. "Damit liegt die deutsche Volkswirtschaft gleichwohl immer noch deutlich unter einer hypothetischen Entwicklung ohne die Covid-19-Pandemie", heißt es. Prognos erwartet in der Industrie in diesem Jahr ein Wachstum der Wirtschaftsleistung von 5,4 Prozent, im Dienstleistungssektor ein geringeres Plus von 3,0 Prozent. Wachstumsgewinner in der Industrie dürften Prognos zufolge in diesem Jahr nach dem Einbruch 2020 vor allem der Fahrzeugbau (plus 9,5 Prozent) und der Maschinenbau (plus 7,1 Prozent) sein, die von der anziehenden Weltkonjunktur profitieren. Auch im kommenden Jahr dürften diese Branchen dynamisch zulegen. Eine überdurchschnittlich kräftige Erholung trauen die Experten unter anderem auch der Metallindustrie, der Elektrotechnik und dem Bereich Gummi und Kunststoff zu. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
  
Eurozone-Verbrauchervertrauen hellt sich auf 
Die Stimmung der Verbraucher in der Eurozone hat sich im September aufgehellt. Der Indikator sei um 1,3 Punkte auf minus 4,0 Punkte gestiegen, berichtet die EU-Kommission. Der Indikator liegt damit über dem Niveau von vor der Corona-Krise. (Quelle: Dow Jones, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
  
  
Wirtschaftspolitik 
  
US-Notenbank will bis Mitte 2022 aus Anleihekäufen aussteigen 
Der Ausstieg der US-Notenbank Fed aus ihrer extrem lockeren Geldpolitik nimmt Konturen an. Der geldpolitische Ausschuss FOMC habe über das Tempo des beabsichtigen Ausstiegs diskutiert, sagte der Fed-Vorsitzende Powell nach der Zinssitzung der Notenbank. Wahrscheinlich sei es angemessen, den Prozess Mitte 2022 zu beenden. Powell unterstrich jedoch, dass damit kein Signal für eine erste Zinsanhebung verbunden sei. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
  
EU-Handelshilfe für arme Länder soll grüner werden 
Die EU-Kommission will Zoll-Vorteile für Importe aus ärmeren Ländern künftig stärker an Klima-Aspekten ausrichten. Hintergrund ist die notwendige Überarbeitung des sogenannten Schemas allgemeiner Zollpräferenzen (APS), das Entwicklungsländern zugutekommen soll. Dabei werden Einfuhrzölle auf bestimmte Waren, die aus Ländern mit sehr geringer Wirtschaftsleistung auf den EU-Markt kommen, aufgehoben oder reduziert. Das derzeitige Schema läuft Ende 2023 aus und muss daher überarbeitet werden. Auch wenn es gut funktioniere, könne an manchen Stellen nachjustiert werden, teilte die Kommission mit. So solle künftig stärker auf Umwelt- und Klimaaspekte geachtet werden. Zudem hoffe man, dass soziale Aspekte gestärkt werden. Erreicht werden soll dies etwa dadurch, dass künftig mehr internationale Übereinkommen in diesen Bereichen eingehalten werden sollen. Schwere Verstöße gegen Übereinkommen zum Klima- und Umweltschutz können den Angaben zufolge dazu führen, von den Vorteilen des APS ausgeschlossen zu werden. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
  
EU-Kommission schlägt höhere Kapitalanforderungen für Versicherer vor 
Versicherungsunternehmen in Europa müssen sich wegen der anhaltenden Niedrigzinsen langfristig auf höhere Kapitalanforderungen einstellen: Die EU-Kommission hat eine Überarbeitung des Kapital- und Aufsichtsregelwerks "Solvency II" vorgeschlagen mit dem Ziel einer neuen Berechnung der erwarteten Zinsentwicklung, aus der sich veränderte Verpflichtungen für die Versicherer bei den Eigenmitteln ergeben. Auch Umweltrisiken sollen von den Versicherern künftig berücksichtigt werden. Da sich die Lage an den Finanzmärkten durch die Niedrigzinsen verändert hat, können höhere Risiken für Versicherer entstehen. Der Gesetzesvorschlag soll unter anderem sicherstellen, dass Versicherer nach und nach mehr Kapital vorhalten, um Langzeitversprechen wie Lebensversicherungen tatsächlich gegenüber ihren Kunden erfüllen zu können. Während die Versicherer langfristig mehr zur Seite legen müssen, sollen kurzfristig rund 90 Milliarden Euro an Kapital frei werden, sagte Wirtschaftskommissar Dombrovskis. Dies liegt laut der Kommission unter anderem an Änderungen in den Berechnungen der Risikomarge. "Die Idee ist, Kapital für Versicherer freizumachen und ihnen zu erlauben, ihren Beitrag als private Investoren zu Europas Aufschwung aufzustocken", sagte Dombrovskis. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
  
Kammer: Keine Chance für britischen Beitritt zu Amerika-Handelspakt 
Großbritannien hat nach Ansicht eines Außenwirtschaftsexperten derzeit kaum Aussicht auf eine Teilnahme an großen Handelsbündnissen. "Ein Beitritt zum Handelspakt CPTPP der Pazifikanrainer und vor allem zum nordamerikanischen USMCA sind erst einmal nicht realistisch, zumindest nicht in naher Zukunft", sagte der Vertreter der britisch-amerikanischen Handelskammer, Adam. Zwar sei es noch zu früh, um über den Beitritt zum USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA) zu sprechen, räumte Adam ein: "Jedoch erscheint diese Idee etwas weit hergeholt. Es ist gar nicht klar, ob USMCA den Beitritt anderer Parteien zulässt, zumal ein Beitritt eine Neuverhandlung des gerade erst mit Mühen errungenen Pakts bedeuten würde. Darüber hinaus hat das Vereinigte Königreich bereits Abkommen mit Kanada und Mexiko." Kompliziert sei auch die Lage beim CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership): "Die Verhandlungen um einen Beitritt zum CPTPP sind erst am Anfang, und die Intention Chinas, sich ebenfalls um einen Beitritt zu bemühen, könnte den Prozess erschweren." Die britisch-amerikanische Handelskammer fordert "in Anbetracht der Tatsache, dass es vorerst nicht zu einem Handelspakt zwischen den USA und Großbritannien kommt", eine neue transatlantische wirtschaftliche Kooperation. So könnten Washington und London etwa spezifische Abkommen zu Datentransfers, zum Handel von digitalen Dienstleistungen und Technologien sowie zu einem weiteren Ausbau der lokalen Handelsförderung vereinbaren, sagte Adam. Das käme gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute: "Dies könnte mittelfristig mehr Gewicht haben als lange Verhandlungen mit ungewissem Ausgang." (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
 
 
Politik 
  
Arbeitgeber fordern von neuer Bundesregierung 'Zukunftsagenda 2030' 
Die Arbeitgeber fordern kurz vor der Bundestagswahl eine "Zukunftsagenda 2030". Die neue Bundesregierung müsse nach der Wahl durchstarten, um Wirtschaftsstandort, Wachstum und Wohlstand langfristig zu sichern, heißt es in einem Neun-Punkte-Plan der BDA: "Wir brauchen jetzt eine Politik, die den Turbo anschaltet und keine Schlafwagenpolitik." So fordern die Arbeitgeber einen Staatsminister für Strukturwandel im Bundeskanzleramt. Das Thema Strukturwandel in der deutschen Wirtschaft müsse auch in der Politik Priorität bekommen. Deutschland stehe vor riesigen Herausforderungen. "Für Stillstand haben wir keine Zeit", heißt es. "Wir brauchen eine mutige Zukunftsagenda 2030." Es stehe ein "riesiger Strukturwandel" bevor, getrieben von Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie. Die BDA nennt neun Punkte, die die neue Bundesregierung in den ersten 100 Tagen anpacken soll. So wird ein "Entfesselungsprogramm" für die Wirtschaft gefordert mit einer umfangreichen Entbürokratisierung. "Schwerpunkte sollten ein Planungsrecht sein, das Investitionen beschleunigt und nicht verhindert, sowie eine schnellere Digitalisierung der Verwaltung." 
Die neue Bundesregierung müsse außerdem in einem ersten Schritt ein klares Bekenntnis zur Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge auf 40 Prozent abgeben. "Ohne Reformmaßnahmen droht hier eine erhebliche Steigerung." Die neue Regierung müsse daneben den Soli vollständig abschaffen und Steuererhöhungen eine Absage erteilen. Auf dem Arbeitsmarkt müsse es mehr Flexibilität geben, beispielsweise mit Instrumenten wie der befristeten Arbeit - diese wird als eines der wichtigsten "Sprungbretter" in Beschäftigung bezeichnet. Weiter spricht sich die BDA dafür aus, das deutsche Arbeitszeitrecht an die EU-Arbeitszeitrichtlinie anpassen: "Sie ermöglicht es, die rechtlich zulässige Höchstarbeitszeit nicht auf den Tag, sondern auf die Woche zu beziehen." Zudem sollten Öffnungsklauseln in Tarifverträgen ermöglicht werden, um die Ruhezeiten besser zu handhaben. Damit solle den Beschäftigten mehr Flexibilität bei der Gestaltung ihres Arbeitsalltags gegeben und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. Das Bildungssystem müsse nachhaltig modernisiert, die gezielte Fachkräftezuwanderung vereinfacht werden. Weiter heißt es in dem Plan, eine politisch beeinflusste Erhöhung des Mindestlohns müsse ausgeschlossen werden. Die Verhandlungen müssten bei der mit Sozialpartnern besetzten Mindestlohnkommission verbleiben. "Ein Überbietungswettbewerb beim Mindestlohn beschädigt die Tarifautonomie." (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall) 
  
  
Interview 
  
Wolf warnt: „Rot-Rot-Grün wäre Gift“ 
Gesamtmetall-Präsident Wolf wirbt für Schwarz-Gelb, auch wenn die Union unter Armin Laschet nicht die meisten Sitze im Bundestag erhalten sollte. 
HB: 
Herr Wolf, in wenigen Tagen wird gewählt. Machen Sie sich angesichts der derzeitigen Umfragewerte Sorgen um den Industriestandort? 
Wolf: 
Absolut. Es geht um eine Richtungswahl und die Frage, ob wir eine Regierung bekommen, die für Soziale Marktwirtschaft, Unternehmertum, für Reformen, Wohlstand und Arbeitsplätze eintritt – oder eine Regierung, die mehr Regulierung und höhere Steuern will. Letzteres würde dazu führen, dass Hunderttausende Arbeitsplätze abgebaut werden und Industrie abwandert.
HB: 
Dringen Sie mit Ihren Belangen als Unternehmer überhaupt zu den Wahlkämpfern durch? 
Wolf: 
Union und FDP verstehen sehr genau, worauf es ankommt, um Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern. Bei SPD, Grünen und Linken stoßen wir eher auf taube Ohren. Deutschland hat nach der Schweiz, Norwegen und Dänemark die höchsten Lohnkosten in Europa, zu viel Bürokratie, viel zu hohe Unternehmenssteuern und die Errungenschaften der Agenda 2010 sind leider in den letzten Jahren rückabgewickelt worden. Der Standort Deutschland ist nicht mehr attraktiv. Und wenn alles kommt, was SPD, Grüne und die Linken in ihren Programmen versprechen, verschlechtern sich die Rahmenbedingungen noch mehr.
HB: 
Lange sah die Union wie der sichere Sieger aus. Wie konnte sie den Vorsprung so verspielen? 
Wolf: 
Es kann unterschiedliche Auffassungen über Positionen und Personen geben. Aber wenn eine Entscheidung gefallen ist, dann müssen auch alle an einem Strang ziehen. Das war und ist bei der Union nicht immer der Fall. Aber es nützt nichts, in die Vergangenheit zu schauen. Wir müssen den Menschen in den verbleibenden Tagen bis zur Wahl noch klarmachen, was es für Arbeitsplätze und Wohlstand bedeutet, wenn es zu einem politischen Richtungswechsel kommt. Rot-Rot-Grün wäre Gift! 
HB: 
Die Parteien überbieten sich mit Klimaschutzversprechungen. Ist das eine Gefahr für den Standort? 
Wolf: 
Klimaschutz ist wichtig und wir müssen etwas tun – aber global. China, die USA und Indien allein stehen etwa für die Hälfte des weltweiten CO2-Ausstoßes. Wenn wir unsere Industrie stärken und beispielsweise indische Autos mit umweltschonenden Brennstoffzellen ausstatten, nützt das dem Klima mehr, als 2030 in Deutschland den Verbrennungsmotor zu verbieten. 
HB: 
Das deutsche Klimaschutzgesetz und die EU setzen aber strenge Maßstäbe… 
Wolf: 
Es ist die Frage, ob das der richtige Weg ist, wenn andere Länder nicht mitziehen. Das ganze Thema wird in Deutschland sehr kurzsichtig diskutiert. E-Mobilität macht doch nur mit grünem Strom Sinn. Wir werden unseren Strombedarf aber auch in zehn oder 15 Jahren nicht ausschließlich aus regenerativen Quellen decken können, wenn wir weiter ewig lange Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen oder Stromtrassen haben oder Anwohner Bauvorhaben verzögern können. Kommen wir da nicht voran, fahren unsere E-Autos eben irgendwann mit Kohlestrom aus Polen oder Atomstrom aus Frankreich.
HB: 
Also sollten wir am Verbrennungsmotor festhalten? 
Wolf: 
Wir sollten zumindest noch einmal mehr über Plug-in-Hybride nachdenken. Menschen, die den Wagen vor allem für den Weg zur Arbeit und zurück nutzen, fahren auch mit dem Plug-in-Hybrid überwiegend elektrisch. 
HB: 
Union und FDP haben Unternehmen Steuersenkungen in Aussicht gestellt. Haben Sie die angesichts der Umfragewerte schon abgeschrieben?
Wolf: 
Mir geht es vor allem erst einmal darum, dass es nicht zu Steuererhöhungen kommt, die SPD, Grüne und Linke vorsehen. Denn wir haben schon mit die höchsten Unternehmens- und Einkommensteuersätze in Europa und einen Spitzensteuersatz, der viel zu früh greift. Wir werden jede Bundesregierung – egal welcher Couleur – davon zu überzeugen versuchen, was das Richtige für den Standort und den Wohlstand der Menschen ist. Dazu brauchen wir klare und sichere Rahmenbedingungen, und da darf Ideologie keine Rolle spielen. 
HB: 
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat der Wirtschaft im Handelsblatt-Interview verlässliche Rahmenbedingungen garantiert, sollte er die nächste Regierung anführen. Trauen Sie ihm nicht? 
Wolf: 
Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich würde ihm hundertprozentig trauen, wenn er sich morgen hinstellt und sagt, er schließt eine Koalition mit den Linken aus. Es ist für mich unglaubwürdig, wenn die SPD sich einerseits ein Stück Richtung Mitte bewegt und industriefreundlich gibt und auf der anderen Seite keine Koalition mit einer wirtschaftsfeindlichen Partei, die die Soziale Marktwirtschaft ablehnt, ausschließen will. 
HB: 
Der FDP wird nach der Wahl wahrscheinlich die Rolle des Königsmachers zuzufallen. Was erwarten Sie von den Liberalen?
Wolf: 
Die FDP war immer ein Garant für eine Politik, die den Boden für Innovationen bereitet und den Wirtschaftsstandort stärkt. Und ich glaube, sie ist klug genug, sich nur in eine Koalition zu begeben, in der sie eine solche Politik auch umsetzen kann. Sonst würde sie auch ihre Wähler enttäuschen. 
HB: 
Sollte die FDP Armin Laschet zur Kanzlerschaft verhelfen, selbst wenn die SPD stärkste Kraft würde? 
Wolf: 
FDP und SPD haben einst Helmut Schmidt zum Kanzler gewählt, obwohl die Union mit Helmut Kohl stärkste Kraft war. Das ist Demokratie. Mehrheiten bilden sich, und die Partei, die die meisten Abgeordneten stellt, muss nicht zwingend auch den Kanzler stellen. 
HB: 
SPD oder Grüne sind bereit, die Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität mit Milliarden zu unterstützen. Das müsste Sie als Unternehmer doch eigentlich freuen, oder? 
Wolf: 
Es kommt darauf an, wofür das Geld eingesetzt werden soll. Es macht sicher keinen Sinn, nicht tragfähige Geschäftsmodelle künstlich am Leben zu halten, das wäre nur reines Subventionsrittertum. Wir werden den Wandel nur schaffen, wenn wir die Gesellschaft, die Arbeitgeber, die Gewerkschaften und die Politik ins Boot holen. Deshalb ist es ganz wichtig, dass eine neue Bundesregierung integrativ wirkt. 
HB: 
Die letzte Metalltarifrunde stand ganz im Zeichen des Umbaus der Industrie. Sind Sie zufrieden mit dem Erreichten? 
Wolf: 
Wir haben es das erste Mal geschafft, eine automatische Differenzierung im Tarifvertrag zu verankern. Wenn Unternehmen bestimmte Ertragskennzahlen unterschreiten, können sie vom Tarifvertrag abweichen und so Einsparungen erzielen. Wenn wir solche Elemente, die Unternehmen bei Bedarf schnell Entlastung bringen, dauerhaft hinbekommen, sind wir auf einem guten Weg. 
HB: 
Brauchen wir auch neue arbeitsmarktpolitische Instrumente wie das von der IG Metall vorgeschlagene Transformationskurzarbeitergeld? 
Wolf: 
Davon halte ich nichts. Die Unternehmen werden versuchen, in der Transformation so viele Beschäftigte wie möglich zu halten. Aber wir müssen auch Menschen davon überzeugen, dass nicht mehr so viele in der Metall- und Elektro-Industrie eine Heimat haben können, sondern sich in andere Richtungen bewegen müssen.
HB: 
IG-Metall-Chef Hofmann suggeriert, dass das Gros der Beschäftigten umgeschult werden kann. Wer heute Verbrennungsmotoren zusammenschraube, produziere künftig beispielsweise Kühlsysteme für Batteriezellen oder engagiere sich im wachsenden Recycling-Bereich. 
Wolf: 
Dass Herr Hofmann das sagt, gehört zum Jobprofil eines IG-Metall-Chefs – aber es ist realitätsfremd. In meinem Unternehmen wird die weitgehend automatisierte Anlage für Batteriemodule noch von wenigen Mitarbeitern überwacht. In der Produktion von Dichtungen für Verbrenner arbeiten mehr Menschen, wenn man die unterschiedlichen Fertigungstiefen einmal außer Acht lässt. 
HB: 
Die Preise haben zuletzt deutlich angezogen. Im Herbst nächsten Jahres steht die nächste Metalltarifrunde an. Fürchten Sie eine Lohn-Preis-Spirale? 
Wolf: 
Zumindest die IG Metall hat in den vergangenen Jahren, in denen wir praktisch keine Inflation hatten, für ihre Forderung immer die EZB-Zielinflation von zwei Prozent herangezogen. Es wäre also nur logisch, auch dann bei der Zielinflation zu bleiben, wenn die Werte zeitweise höher liegen. Ich bin gespannt, wie die Gewerkschaft nächstes Jahr argumentiert. 
HB: 
Wie sieht eine gute Arbeitsmarktpolitik nach der Wahl aus? 
Wolf: 
Für uns ist ganz wichtig, dass wir keine Steigerung der Lohnzusatzkosten erleben und die Sozialabgaben bei höchstens 40 Prozent gedeckelt werden. Auch brauchen wir eine massive Entbürokratisierung. Ein Draufsatteln, egal wo, ist nicht mehr leistbar und würde uns erdrücken. 
HB: 
Wenn man sich die Leistungsversprechen bei Rente, Pflege oder Gesundheit anschaut, steht die 40-Prozent-Marke aber doch eher auf tönernen Füßen, oder? 
Wolf: 
Ja, aber sie darf nicht gerissen werden, weil wir schon mit die höchsten Lohnstückkosten haben. Die Agenda 2010 hat Gerhard Schröder die Wiederwahl gekostet, aber es war die richtige Entscheidung für Deutschland. Ich würde mir wünschen, dass mehr Politiker darauf schauen, was das Richtige für unser Land ist. Wir sind schon wieder der kranke Mann Europas. Es wäre wichtig, dass die neue Bundesregierung das erkennt und uns wieder wettbewerbsfähig macht. Es geht um Investitionen, Wohlstand und Arbeitsplätze. 
HB: 
Um die Coronakrise ist es angesichts nicht weiter steigender Inzidenzen ruhiger geworden. Haben wir die vierte Welle schon überstanden?
Wolf: 
Wir sind noch nicht über den Berg und es ist große Vorsicht geboten. In finde es schade, dass immer noch so viele Menschen sich nicht impfen lassen, weil wir zur Herdenimmunität kommen müssen. Ein weiterer Lockdown würde nicht mehr akzeptiert, und deshalb wäre es wichtig, eine höhere Impfquote zu erreichen.
HB: 
Erste Bundesländer stellen für Ungeimpfte, die sich in Quarantäne begeben müssen, die Lohnfortzahlung ein. Halten Sie das für richtig? 
Wolf: 
Das würde ich bundesweit so machen. Und ich hielte es auch für richtig, Theater, Kinos und andere Kulturveranstaltungen nur für Geimpfte und Genesene zu öffnen – also konsequent die 2G-Regel anzuwenden. 
(Quelle: Handelsblatt / Interview: Frank Specht, M+E-Newsletter Gesamtmetall)