Saarland
Neun Saarländer ziehen in den Bundestag ein
Bundestagswahl
„Deutschland braucht eine stabile Regierung“
Knappes Wahlergebnis: NRW-Wirtschaft mahnt zur Eile
Verbände fordern wirtschaftspolitische Weichenstellungen
Keine Mehrheit für Rot-Rot-Grün: Ökonomen zeigen sich erleichtert
Verdi-Chef nach Wahl: „Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif“
Tarifpolitik
Arbeitgeber: Tarifgespräche mit Verdi für private Banken abgebrochen
Arbeitswelt
DIHK: Ausbildungsmarkt stabilisiert sich
„Wirtschaftsweiser“: Mindestlohn schrittweise auf 12 Euro anheben
Höherer Schaden durch Schwarzarbeit in Corona-Jahr 2020
Konjunktur
Volkswirte glauben nicht an eine galoppierende Inflation
Wirtschafts- und Sozialpolitik
Zusätzliche Hilfen für Unternehmen nach Flutkatastrophe
Neue Studie: Wohlstand für alle?
Umwelt- und Energiepolitik
Öffentliche Ausschreibungen können CO2-Ausstoß verringern
Saarland
Neun Saarländer ziehen in den Bundestag ein
Neun Abgeordnete aus dem Saarland werden dem neuen Bundestag angehören. Neben den vier Direktkandidaten der SPD sind das zwei Abgeordnete der CDU und jeweils ein Vertreter von FDP, AfD und Linkspartei. Das geht aus dem vorläufigen Ergebnis des Bundeswahlleiters hervor. Nach dem vorläufigen Ergebnis werden aus dem Saarland neun Abgeordnete im neuen Bundestag vertreten sein. Das sind die gewählten SPD-Direktkandidaten Josephine Ortleb (Saarbrücken), Heiko Maas (Saarlouis), Christian Petry (St. Wendel) und Esra-Leon Limbacher (Homburg). Über die Landesliste ihrer Parteien ziehen außerdem in den Bundestag ein: die CDU-Abgeordneten Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier, Oliver Luksic (FDP), Christian Wirth (AfD) und Thomas Lutze (Linke). Damit hat das Saarland nun einen Abgeordneten weniger im Bundestag als bisher, weil die saarländischen Grünen nun nicht mehr vertreten sind. (Quelle: SR)
Bundestagswahl
„Deutschland braucht eine stabile Regierung“
Zu den ersten Prognosen auf der Grundlage von Nachwahlbefragungen für das Bundestagswahlergebnis 2021 erklärt der Hauptgeschäftsführer von NORDMETALL und AGV NORD, Fickinger: „Die Wahlforscher sagen ein ‚Nein‘ der Wähler zu einem Linksbündnis voraus. Das ist die erste gute Nachricht des Abends. Wir erleben ein knappes Rennen um das Mandat zur Regierungsbildung. Egal, ob am Ende Union oder Sozialdemokraten die Nase vorn haben: Die norddeutsche Metall- und Elektroindustrie setzt auf eine stabile Regierungskoalition, die die wirtschaftliche Erholung tatkräftig unterstützt, den Klimawandel mutig anpackt und die Modernisierung und Digitalisierung unseres Landes energisch vorantreibt. Es gilt jetzt, aus regierungserfahrenen Christ- oder Sozialdemokraten, klimaambitionierten Grünen und marktwirtschaftlichen, technologieoffenen Liberalen ein Zukunftsbündnis für die zwanziger Jahre zu schaffen.“ (Quellen: NORDMETALL, AGV NORD, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Knappes Wahlergebnis: NRW-Wirtschaft mahnt zur Eile
Konzerne und Wirtschaftsverbände in NRW haben angesichts des knappen Wahlergebnisses bei der Bundestagswahl laut einem Medienbericht zur Eile gemahnt. „Was auch immer am Ende von Sondierungen und Koalitionsverhandlungen steht, es sollte so schnell wie möglich gehen, denn Deutschland braucht Stabilität und einen klaren Kurs“, sagte RWE-Chef Krebber der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ, Montag). „Vor uns liegt ein Jahrzehnt der großen Veränderung. Wir brauchen Tempo, um die Weichen für eine klimaneutrale Industrie zu stellen, die Infrastruktur zu modernisieren und die Digitalisierung massiv voran zu treiben.“ Dafür brauche es eine geschlossene kraftvolle Regierung, die jetzt handle. Auch NRW-Arbeitgeberpräsident Kirchhoff mahnte zur Eile: „Es ist das erwartet komplizierte Ergebnis. Ich hoffe trotzdem auf eine schnelle Regierungsbildung. Die Herausforderungen für unser Land sind zu groß, als dass wir uns nun eine monatelange Hängepartie in Berlin leisten können“, sagte er der „WAZ“. Sein Favorit sei eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP: „Ihr traue ich am ehesten zu, gleichermaßen die ökonomischen wie auch die ökologischen Herausforderungen zu meistern.“ Erleichtert darüber, dass ein Linksbündnis keine Mehrheit hat, zeigte sich Evonik-Chef Kullmann: „Rot-Grün-Rot wird es nicht geben, das ist gut und wichtig“, sagte Kullmann, der auch Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) ist, der Zeitung. Die Menschen hätten in großer Mehrheit eine wirtschaftsfreundliche Politik gewählt. „Die Grünen sind nach ihren Höhenflügen wieder im Normalmaß angekommen. Sie haben nun die Chance, eine stabile Regierung der ökonomischen Vernunft mitzutragen: für Wirtschaftswachstum, Innovation und Klimaschutz“, sagte Kullmann. (Quelle: dpa/lnw, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Verbände fordern wirtschaftspolitische Weichenstellungen
Der Außenhandelsverband BGA sieht im Ausgang der Bundestagswahl ein klares Signal gegen ein Links-Bündnis. „Jetzt müssen die Gewählten einen Kompromiss finden und ein Bündnis schmieden, dass die überfälligen Weichenstellungen entschlossen angeht“, sagte BGA-Präsident Börner zu Reuters. „Dabei geht es uns in der Wirtschaft um die Bekämpfung des Klimawandels mit Tempo und Augenmaß.“ Auch eine Modernisierung des Wirtschaftsstandortes durch eine Reform der Unternehmensbesteuerung, den gezielten Abbau von Bürokratie und mehr Digitalisierung sei notwendig. Bitkom-Präsident Berg sagte: „Nach der Bundestagswahl vor vier Jahren haben wir eine beispiellose Hängepartie erlebt, die sich nicht wiederholen darf. Die taktischen Spiele von damals haben wertvolle Zeit gekostet, doch die Digitalisierung duldet keinen Aufschub. Es braucht jetzt zügige Sondierungen und dann eine Koalition der Vernunft mit einem überzeugenden und also gleichermaßen ambitionierten wie realitätsnahen und vor allem digitalen Programm.“ (Quellen: Reuters, WAZ, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Keine Mehrheit für Rot-Rot-Grün: Ökonomen zeigen sich erleichtert
Führende Wirtschaftswissenschaftler haben auf das Ergebnis der Bundestagswahl erleichtert reagiert. „Es wird vermutlich nicht für einen Rot-Rot-Grüne-Koalition reichen, damit ist nicht mit einer extremen Umstrukturierung der Wirtschaftspolitik in Deutschland zu rechnen“, kommentierte der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Felbermayr. „Aus wirtschaftlicher Sicht, ist dies zunächst eine gute Nachricht.“ Ähnlich äußerte sich Commerzbank-Volkswirt Krämer: „Viele Anleger und Unternehmer dürften erleichtert sein, dass ein rot-grün-rotes Bündnis im neuen Bundestag voraussichtlich keine Mehrheit hat.“ Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Fratzscher, kommentierte: „Ich hoffe, dass sich die neuen Regierungsparteien nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, sondern die Aufgaben klug und mutig untereinander aufteilen und die notwendige Entschlossenheit zur Veränderung haben.“ Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Hüther, wertet die fehlende Mehrheit für ein vor der Wahl diskutiertes rot-grün-rotes Bündnis als positives Zeichen für Deutschland. „Das Wahlergebnis ist ein Stabilitätssignal für die deutschen Unternehmen“, sagte der Ökonom im Interview mit dem Handelsblatt. Mit einer Ampel- oder Jamaika-Koalition werde es Veränderung in der wirtschaftspolitischen Ausrichtung geben, aber keinen grundsätzlichen Wechsel. Hüther fürchtet keine Planungsunsicherheit durch lange Sondierungen und Koalitionsverhandlungen. „Weil es realistischerweise mit Jamaika und Ampel nur zwei Optionen gibt, sollte bis Weihnachten klar sein, wer die neue Regierung bildet“, erwartet Hüther. Für Unternehmen sei vor allem entscheidend, dass es keine Regierungsbeteiligung einer extremen Partei geben wird. (Quellen: Reuters, Handelsblatt, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Verdi-Chef nach Wahl: „Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif“
Nach der Bundestagswahl hat Verdi-Chef Wernekevon einer künftigen Regierung mehr Investitionen für Klimaschutz, Wachstum und einen starken Sozialstaat gefordert. „Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif“, sagte er am Montag in Berlin. Ganz oben auf der Verdi-Liste stünden mehr Tarifschutz, ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens zwölf Euro, die Abschaffung des Befristungsmissbrauchs in der Arbeitswelt, ein Rentenniveau von mehr als 48 Prozent und der sozial-ökologische Umbau. Werneke sagte, Energie und Verkehr müssten bezahlbar bleiben. Deshalb müssten steigende Kosten für den Klimaschutz mit einem Energiegeld sozial ausgeglichen werden. Wesentlich sei zudem, dass die Arbeitsbedingungen in Berufen, in denen sich Menschen um Menschen kümmern, ob im Krankenhaus, Altenheim, in der Kita oder Bildung und Begleitung, verbessert werden müssten, überall müssten Tarifverträge gelten. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Tarifpolitik
Arbeitgeber: Tarifgespräche mit Verdi für private Banken abgebrochen
Im Tarifstreit bei den privaten Banken stehen die Zeichen auf Warnstreiks. Die Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi seien am Freitag in der dritten Runde überraschend bereits nach einer Stunde abgebrochen worden, teilte der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) mit: „Verdi war nicht zu weiteren Gesprächen bereit, obwohl die Arbeitgeber umfassende Angebote vorgelegt hatten.“ Die Gespräche mit dem Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV) liefen den Angaben zufolge weiter. Verdi hatte schon vor den Verhandlungen in Berlin mit Arbeitsniederlegungen gedroht. „Wenn es bei den Gesprächen am Freitag wie zu befürchten keine Fortschritte gibt, werden wir den Druck erhöhen“, hatte Verdi-Verhandlungsführer Duscheck dem „Handelsblatt“ gesagt. „Erste Warnstreiks sind sehr wahrscheinlich.“ (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Arbeitswelt
DIHK: Ausbildungsmarkt stabilisiert sich
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht Anzeichen der Besserung auf dem Ausbildungsmarkt. „Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland hat die Nachwuchsförderung für die Unternehmen höchste Priorität. Daher ist es eine erfreuliche Nachricht, dass sich unsere Vertragszahlen in der Ausbildung stabilisieren“, sagte DIHK-Präsident Adrian der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Bis Ende August 2021 wurden demnach bundesweit 236.500 neue IHK-Ausbildungsverträge bei Industrie, Handel und Dienstleistungen eingetragen – etwa ein Prozent mehr als im Vorjahresmonat. „Ich bin zuversichtlich, dass sich dieser Trend fortsetzt und wir auch zum Stichtag 30. September schwarze Zahlen haben“, sagte Adrian. Allein in der IHK-Lehrstellenbörse gebe es derzeit noch rund 5000 freie Ausbildungsplätze für den Start in diesem Jahr. Vor allem in Verkehrs- und Logistikberufen, im Handel und in der Baubranche seien Nachwuchsfachkräfte noch gefragt, aber auch in gebäude- und versorgungstechnischen Berufen. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
„Wirtschaftsweiser“: Mindestlohn schrittweise auf 12 Euro anheben
Der „Wirtschaftsweise“ Truger befürwortet eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro bis Anfang 2023. Ein solches Vorgehen lasse sich „sozialpolitisch gut begründen“ und würde „zu unmittelbaren Verbesserungen für zehn Millionen Menschen führen“, sagte Truger dem „Münchner Merkur“. Laut Gesetzgeber solle der Mindestlohn „ein armutsfestes, existenzsicherndes Lohnniveau“ gewährleisten. „Davon wären selbst 12 Euro noch ein ganzes Stück entfernt“, sagte das Mitglied des fünfköpfigen Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Der Mindestlohn liegt aktuell bei 9,60 Euro pro Stunde. Zum 1. Januar 2022 wird er auf 9,82 und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben. Diese vom Bundeskabinett beschlossenen Stufen hatte eine Mindestlohnkommission empfohlen, die vorrangig aus Vertretern der Arbeitgeber und der Gewerkschaften besteht. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Höherer Schaden durch Schwarzarbeit in Corona-Jahr 2020
Trotz der Corona-Krise ist im vergangenen Jahr mehr Schwarzarbeit aufgedeckt worden. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls stellte für 2020 einen finanziellen Schaden von 816,5 Millionen Euro fest. Das geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervor, über die zuvor der „Spiegel“ berichtet hatte. Die Summe setzt sich aus nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen, nicht gezahlten Steuern und weiteren Schäden wie etwa nicht gezahlten Mindestlöhnen zusammen. Die Schadensumme ist deutlich höher als im Vorjahr, als 755,4 Millionen Euro ausgewiesen wurden. Dabei hatten zahlreiche Branchen die Arbeit im vergangenen Jahr wegen der Pandemie zeitweise heruntergefahren. Auch die Kontrolleure konnten laut Ministerium teils nur unter Einschränkungen arbeiten. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Konjunktur
Volkswirte glauben nicht an eine galoppierende Inflation
Die Volkswirte führender Finanzinstitute in Deutschland sehen derzeit nicht die erhöhte Gefahr einer langanhaltenden oder gar außer Kontrolle geratenden Preisspirale. „Die Inflation hat 2021 den Turbogang einlegt, schon 2022 dürfte ihr aber wieder die Luft ausgehen“, sagte Allianz-Volkswirtin Utermöhl. Deutsche-Bank-Volkswirt Schattenberg erklärte: „Die zurzeit beobachtbaren erhöhten monatlichen Inflationsraten werden zum Großteil von vorübergehenden Einflüssen bestimmt.“ Er erwartet, dass sich die Inflation im Euro-Raum in den nächsten Jahren um die von der Europäischen Zentralbank ausgegebene Zielmarke von knapp zwei Prozent einpendeln wird. Auch die „Wirtschaftsweise“ Grimm geht von einer Normalisierung aus, obwohl sich die preistreibenden Effekte wie etwa die Knappheit bei Mikrochips oder die hohen Rohstoffpreise aus ihrer Sicht nicht so schnell auflösen werden wie erhofft. „Solange die Lohnabschlüsse moderat bleiben, gibt es nicht viel, was dafür spricht, dass wir in eine dauerhafte Inflation laufen“, sagte sie. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Wirtschafts- und Sozialpolitik
Zusätzliche Hilfen für Unternehmen nach Flutkatastrophe
Flutgeschädigte Unternehmen bekommen leichteren Zugang zur Überbrückungshilfe, dem zentralen Kriseninstrument der Regierung in der Corona-Pandemie. Das gilt für Firmen, die im Juni noch unter coronabedingten Umsatzeinbrüchen gelitten hatten und dann auch von der Hochwasserkatastrophe im Juli getroffen worden sind, wie das Wirtschaftsministerium in Berlin mitteilte. Diese Firmen könnten ab diesem Freitag Anträge auf die sogenannte Überbrückungshilfe III Plus für den Förderzeitraum Juli bis September stellen. Damit die Hilfen schnell wirken, könnten die Unternehmen Abschlagszahlungen in Höhe von bis zu 100.000 Euro pro Fördermonat erhalten. Zur Begründung hieß es, Firmen, die coronabedingte Umsatzeinbrüche hätten und von den Hochwasserereignissen betroffen seien, sollten nicht aus der Überbrückungshilfe III Plus fallen. Dies wäre ohne eine Programmanpassung für diese Firmen der Fall gewesen, weil ihre Umsatzeinbrüche in weiten Teilen nicht mehr nur durch Corona, sondern auch durch das Hochwasser bedingt würden. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Neue Studie: Wohlstand für alle?
Im Wahlkampf behaupten Politiker gerne, die Armen würden immer ärmer, die Reichen immer reicher. Tatsächlich ist die Verteilung aber seit Jahren stabil, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW): In den Jahren vor der Corona-Pandemie haben ärmere Haushalte besonders stark vom Einkommenswachstum profitiert. Ein großes Streitthema zwischen den Parteien kurz vor der Bundestagswahl ist die Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft. Auf ein sprachliches Bild greifen Politiker dabei sehr gerne zurück: Oft heißt es, die Einkommensschere zwischen Arm und Reich ginge immer weiter auseinander. Tatsächlich hat die Einkommensungleichheit in den zurückliegenden Jahren nicht weiter zugenommen, zeigt eine neue IW-Studie, für die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) – eine Langzeithaushaltsbefragung – ausgewertet wurden. Demnach haben sich alle Einkommensgruppen besserstellen können: Hatten die Deutschen im Jahr 2015 im Durchschnitt netto noch 24.853 Euro zur Verfügung, waren es 2018 inflationsbereinigt schon 26.335 Euro. Die einkommensärmeren 40 Prozent der Deutschen verbuchten ein Einkommensplus von 7,1 Prozent, die reicheren 60 Prozent ein Plus von 5,6 Prozent. Aktuellere Daten gibt es noch nicht. Tatsächlich ist die relative Verteilung der Einkommen in Deutschland bereits seit 2005 bemerkenswert stabil. Dass die Einkommensungleichheit in wirtschaftlich starken Jahren nicht deutlich stärker gesunken ist, liegt im Wesentlichen an zwei gegenläufigen Entwicklungen. So hätte allein die positive Beschäftigungsentwicklung zwischen 2005 und 2016 eigentlich dazu geführt, dass die verfügbaren Haushaltseinkommen weniger ungleich verteilt sind. Dem wirkte allerdings die erhöhte Migration nach 2010 entgegen. Der Gini-Koeffizient, der die relative Einkommensungleichheit misst, veränderte sich während dieses Zeitraums deshalb kaum – denn viele Migranten, gerade Flüchtlinge mit wenig Hab und Gut konnten zumindest am Anfang nur ein sehr geringes Einkommen erzielen. „Der hitzigen Debatte um eine sich öffnende Einkommensschere zwischen Arm und Reich fehlt die wissenschaftliche Basis“, sagt IW-Studienautor Stockhausen. Für viele Haushalte stellen die Arbeitseinkommen die wichtigste Einkommensquelle dar. Zwischen 1991 und 2018 stiegen die durchschnittlichen Arbeitseinkommen nominal um 76 Prozent, real blieben zwölf Prozent. Vor allem Branchen, in denen die Menschen häufig in Teilzeit arbeiten und einen unterdurchschnittlichen Lohn erhalten, wie beispielweise die Gastronomie, verzeichneten deutliche Zuwächse. Auch die sogenannte relative Einkommensreichtumsquote kann das Bild der sich öffnenden Einkommensschere nicht stützen. Die Quote bezieht sich auf diejenigen, die mehr als 200 Prozent des Medianeinkommens verdienen. Ihr Anteil ist seit 2005 nahezu unverändert und verharrt auf einem Niveau von rund acht Prozent. Die Studienautoren weisen aber auch darauf hin, dass hier im Vergleich zu den 1990er Jahren ein leicht höheres Niveau zu verzeichnen ist. Dennoch lässt sich in der Gesamtschau nicht feststellen, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden. (Quelle: IW, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
Umwelt- und Energiepolitik
Öffentliche Ausschreibungen können CO2-Ausstoß verringern
Der Staat kann durch eine nachhaltige öffentliche Beschaffung Emissionen reduzieren und so Unternehmen unterstützen: In einer neuen Studie zeigt das Institut der deutschen Wirtschaft, dass CO2-Emissionen in Höhe des jährlichen innerdeutschen Flugverkehrs eingespart werden könnten, wenn der Staat bei seinen Aufträgen zu 30 Prozent klimafreundlich produzierte Baustoffe einsetzen würde. Klimaschutz spielt bei Ausschreibungen im öffentlichen Sektor bisher nur eine untergeordnete Rolle. Und das, obwohl 40 Prozent der öffentlichen Großaufträge im emissionsintensiven Bausektor ausgeschrieben werden. Gerade hier gäbe es viel Potenzial, um Emissionen zu reduzieren: Stahl, der etwa auch mit grünem Wasserstoff erzeugt werden kann, schlägt in der Erzeugung und Verarbeitung mit sechs Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen zu buche. Der Staat könnte über eine Quote vorgeben, wie viel Prozent der eingesetzten Baustoffe „grün“ sein müssen. Die IW-Forscher haben die möglichen CO2-Einsparungen einer solchen Regelung untersucht: Eine Quote auf grünen Stahl und Kunststoff von 30 Prozent im Jahr 2030 im öffentlichen Bausektor könnte Treibhausgase von knapp 1,9 Millionen Tonnen einsparen. Das entspricht ungefähr den jährlichen Emissionen des innerdeutschen Flugverkehrs. Grundlage für die Berechnungen sind die Prozesse, mit denen etwa Stahl und Kunststoff nahezu klimaneutral produziert werden können. In beiden Fällen hilft Wasserstoff weiter: er kann mit grünem Strom erzeugt und dann zum Beispiel bei der Stahlproduktion eingesetzt werden – klimaschädliche Kohle ist dann nicht mehr notwendig. In der Praxis sind die Verfahren allerdings noch nicht in der Breite verfügbar. Das liegt vor allem am Geld: Investitions- und Betriebskosten dieser klimafreundlichen Anlagen sind im Vergleich zu herkömmlichen Methoden derzeit nicht rentabel. Auch die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff ist momentan nicht gewährleistet. Doch genau hier könnte der Staat aushelfen: Jährlich investiert er knapp 500 Milliarden Euro in die öffentliche Beschaffung – der Staat hat dementsprechend eine große Macht auf dem Markt. Bedeutet: Gäbe es eine Quote für grüne Grundstoffe, würde das den Absatz der Hersteller sichern und sie könnten mit überschaubarem Risiko in innovative Baustoffe und in ihre Produktion investieren. Die dafür nötigen Technologien würden dadurch immer effizienter, günstiger und deshalb auch für den Einsatz bei privaten Aufträgen attraktiver. „Ohnehin schlagen viele Parteien in ihren Wahlprogrammen vor, grüner in der öffentlichen Beschaffung zu sein“, sagt IW-Referent und Studienautor Küper. „Die Akzeptanz privater Unternehmen für klimafreundliche Produkte würde steigen. Hier muss die Politik Ressourcen in der Verwaltung schaffen und klare Richtlinien für nachhaltige Ausschreibungen festlegen.“ (Quelle: IW, M+E-Newsletter Gesamtmetall)