Das zeigt eine aktuelle Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen der Metall- und Elektroindustrie im Saarland. Danach sind knapp drei von vier Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten betroffen, bei Unternehmen mit 250 bis 999 Beschäftigten sind es vier von fünf Unternehmen, größere Unternehmen geben alle an, bereits jetzt direkt oder indirekt von Berichtspflichten erfasst zu sein. Eigentlich gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in diesem Jahr erst für Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten, ab dem kommenden Jahr ab 1.000 Beschäftigten. „Obwohl sie noch nicht im direkten Anwendungsbereich des Gesetzes liegen, sind viele saarländische Unternehmen bereits jetzt als Zulieferer berichtspflichtig. Damit erhöht sich auch bei ihnen der bürokratische Aufwand erheblich“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Metall- und Elektroindustrie, Martin Schlechter. 57 Prozent der befragten Betriebe bezeichnen den Aufwand, der ihnen durch das Gesetz entsteht, als hoch, 23 Prozent sogar als sehr hoch. Als Maßnahmen nennen sie vor allem einen Ausbau des Risikomanagements, zusätzliche Audits und Schulungen sowie Anpassungen von Lieferanten- und Kundenbeziehungen. Vier von fünf Unternehmen geben an, dass sie die Beziehungen zu ihren Lieferanten und Kunden anpassen müssen, 15 Prozent geben an, dass sie sich wegen der Vorschriften des Gesetzes aus einzelnen Ländern und Handelsregionen zurückgezogen haben. „Die Unternehmen sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch das Gesetz stark beschädigt“, sagt Schlechter. „Vor allem sehen sie, dass die Konkurrenz aus anderen Regionen der Welt profitiert, die nicht diesem Gesetz unterworfen ist.“ Drei von fünf Unternehmen erwarten, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert und es zu mehr Unsicherheit in den Handelsbeziehungen kommt, zwei von fünf Unternehmen gehen davon aus, dass Konkurrenten durch die Lieferkettenregeln einen Vorteil haben werden. Über die Pflichten und Aufgaben im Rahmen des neuen Gesetzes fühlt sich die Mehrheit schlecht informiert. Nur 23 Prozent halten die Informationen des Gesetzgebers für ausreichend. „Die Politik hat die Unternehmen mit diesem Gesetz nicht nur maßlos überfordert, sie lässt sie auch weitgehend allein“, sagt Schlechter.
An der Umfrage, die Gesamtmetall deutschlandweit erhoben hat, haben im Saarland 45 Mitgliedsunternehmen mit 20.700 Beschäftigten teilgenommen.
Hintergrund:
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen in Deutschland zur Achtung von Menschenrechten durch die Umsetzung definierter Sorgfaltspflichten. Zu den Kernelementen der Sorgfaltspflichten gehört die Einrichtung eines Risikomanagements, um die Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Schädigungen der Umwelt zu identifizieren, zu vermeiden oder zu minimieren. Das Gesetz verpflichtet zu Beschwerdeverfahren und regelmäßiger Berichterstattung. Die Sorgfaltspflichten beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich, auf das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln weiterer (mittelbarer) Zulieferer. Damit müssen Unternehmen Verantwortung für Verstöße entlang der gesamten Lieferkette übernehmen. Auch bei kleineren Unternehmen kann dies schnell eine fünfstellige Zahl von Unternehmen umfassen. Das Gesetz gilt seit 2023 zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern im Inland.
Kommen Unternehmen ihren gesetzlichen Pflichten nicht nach, können Bußgelder verhängt werden. Diese können bis zu acht Millionen Euro oder bis zu zwei Prozent des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Außerdem ist es bei einem verhängten Bußgeld ab einer bestimmten Mindesthöhe möglich, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen zu werden.