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VSU-Schlagzeilen 10.12.2021

Schlechter: Mindestlohn ist schwerer Eingriff in die Tarifautonomie / Landesregierung passt Corona-Verordnung an  / WSI-Studie: Corona-Prämien mildern Kaufkraftverlust aufgrund hoher Inflationsraten / IW-Umfrage: Lieferengpässe belasten deutsche Wirtschaft

Saarland/Region
Schlechter: Mindestlohn ist schwerer Eingriff in die Tarifautonomie
Landesregierung passt Corona-Verordnung an 
Erster Omikron-Fall im Saarland
Impfung für jüngere Kinder geplant
 
Tarifpolitik
WSI-Studie: Corona-Prämien mildern Kaufkraftverlust aufgrund hoher Inflationsraten

Arbeitswelt
SPD: Pandemie für Beschäftigte belastend – Höheres Kurzarbeitergeld

Konjunktur
IW-Umfrage: Lieferengpässe belasten deutsche Wirtschaft
 
Steuern/Haushalt
Lindner: Finanzministerium ist „Ermöglichungsministerium“ – Gespräche mit Frankreich
IfW-Subventionsbericht: Corona-Krise treibt Finanzhilfen
 
Nachhaltigkeit
Klima-Aktivisten verlangen von Scholz klares Nein zu „grüner“ Atomkraft
 
Politik
Studie zu 29 Ländern: Deutschland recht krisenfest in der Pandemie
 


Saarland/Region

Schlechter: Mindestlohn ist schwerer Eingriff in die Tarifautonomie
Die geplante Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro ist ein schwerer Eingriff in die Tarifautonomie. Das sagte VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter gestern gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“. Die Anhebung entspreche einer Tariferhöhung von 25 Prozent. Dieser Kostensprung komme zur Unzeit mitten in der Corona-Krise und könne zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten führen. Der Gesetzgeber greife zudem in über hundert laufende Entgelttarifverträge ein, bei denen viele zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften vereinbarte Lohngruppen bedeutungslos und Lohngitter nach oben gedrückt würden. „Bei der Einführung des Mindestlohns bestand Einigkeit darüber, dass man keinen politisch festgelegten Mindestlohn anstrebt, sondern dass die Festlegung durch die Sozialpartner in einer unabhängigen Mindestlohnkommission stattfindet. So war gewährleistet, dass ein marktgerechter Mindestlohn entsteht. Durch ihren Vorstoß hat die Regierung sich unglaubwürdig gemacht“, sagte Schlechter. Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger dagegen lobte den Mindestlohn als „eine Lohnerhöhung für etwa 100.000 Beschäftigungsverhältnisse“ Arbeit müsse ordentlich bezahlt werden, „das gebieten Fairness und Respekt“, sagte sie. Linken-Fraktionschef Jochen Flackus forderte einen noch höheren Mindestlohn. Ab wann die Anhebung kommen soll, ist noch offen. (Quellen: VSU, Saarbrücker Zeitung)

Landesregierung passt Corona-Verordnung an 
Ab morgen tritt im Saarland eine neue Corona-Verordnung in Kraft. 
Die Neuerungen im Überblick:  
2G Plus
Als 2G-Plus-Nachweis gilt:
·    ein Impfnachweis in Verbindung mit einem Nachweis über die erfolgte Auffrischungsimpfung
·    ein Impf- oder Genesenennachweis in Verbindung mit einem Testnachweis 
Teilnehmerzahl bei privaten Zusammenkünften und Veranstaltungen
Private Zusammenkünfte und Veranstaltungen sind im privaten Wohnraum oder im eigenen Garten im Innenbereich auf 50 und im Außenbereich auf 200 Personen (geimpft oder genesen) begrenzt.
Bei öffentlichen oder privaten Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmenden (Großveranstaltungen) wird die Teilnehmerzahl im Außenbereich auf 30 Prozent der zugelassenen Kapazität, höchstens jedoch 15.000 Personen und im Innenbereich auf 30 Prozent der zugelassenen Kapazität, höchstens jedoch 5.000 Personen beschränkt.
Erweiterung des 2G-Bereichs
Auch in Bibliotheken gilt künftig die 2G-Regel, ausgenommen davon bleiben universitäre Bibliotheken.
2G-Optionsmodell für Hochschulen
Die Einführung eines Optionsmodells ermöglicht es Hochschulen, neben der Anforderung eines 3G-Nachweises für den Präsenzunterricht auch einen 2G-Nachweis als Voraussetzung zur Teilnahme vorzusehen.
Ausnahmen für Minderjährige
Minderjährige Schüler:innen sowie Kita-Kinder, die älter sind als sechs Jahre, sind während der bevorstehenden Weihnachtsferien auch ohne das Schul- bzw. Kitazertifikat mit Testnachweis von den 2G/2G-Plus-Regelungen ausgenommen – sie benötigen in dieser Zeit allerdings einen tagesaktuellen Test. Für Kinder unter sechs Jahren besteht weiterhin keine Nachweispflicht. (Quelle: Staatskanzlei)

Erster Omikron-Fall im Saarland
Im Saarland ist der erste Fall einer Corona-Infektion mit der Omikron-Variante nachgewiesen worden. Wie der Regionalverband Saarbrücken am Donnerstag mitteilte, wurde die Variante bei einem Reiserückkehrer aus Südafrika festgestellt. Der Fall in Saarbrücken ist die erste offizielle Infektion mit der Omikron-Variante im Saarland. Der Infizierte zeige bisher nur leichte Symptome. Laut Regionalverband Saarbrücken gibt es nur eine Kontaktperson. (Quelle: SR)

Impfung für jüngere Kinder geplant
Ab heute können Kinder von fünf bis elf Jahren im Saarland gegen Corona geimpft werden. Das teilte das saarländische Gesundheitsministerium gestern mit. Die Terminvergabe beginnt heute ab 10 Uhr. Erste Impfungen sollen dann ab Ende kommender Woche erfolgen. Die Stiko empfiehlt Impfungen in diesem Alter vor allem für Kinder mit Vorerkrankungen oder für Kinder, die Kontakt zu Risikopatienten haben. (Quelle: SR/Gesundheitsministerium) 


Tarifpolitik
 
WSI-Studie: Corona-Prämien mildern Kaufkraftverlust aufgrund hoher Inflationsraten

Das WSI errechnet in seiner Tarifbilanz für dieses Jahr eine nominale Steigerung der Tariflöhne von 1,7 Prozent, die damit deutlich niedriger läge als im Vorjahr (2,0 Prozent) und in den Jahren 2018 (3,0 Prozent) und 2019 (2,9 Prozent). Die Verbraucherpreise dürften 2021 mit 3,1 Prozent deutlich schneller steigen als die Tariflöhne, woraus sich "ein ungewöhnlich starker Reallohnverlust" von 1,4 Prozent ergebe, schreibt das WSI. Allerdings werde dieser Kaufkraftverlust durch steuer- und abgabenfreie Corona-Prämien in vielen Branchen abgemildert, wovon insbesondere untere Einkommensgruppen profitierten, so das Institut: „Die individuelle Lohnentwicklung dürfte daher für viele Tarifbeschäftigte positiver ausfallen als der Durchschnittswert ausweist.“ Insgesamt wurden im zu Ende gehenden Jahr für mehr als zwölf Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge abgeschlossen, so das gewerkschaftsnahe Institut. Hinzu kommen Steigerungen für weitere sechs Millionen Beschäftigte, die bereits 2020 oder früher vereinbart wurden. Die älteren Abschlüsse sehen dabei mit durchschnittlich 2,0 Prozent etwas höhere Lohn-Steigerungen vor als die von 2021 mit 1,5 Prozent. Für 2022 rechnet das Institut bei den Preisen eher wieder mit einer Normalisierung, während die Tariflöhne gleichzeitig etwas kräftiger steigen könnten. WSI-Experte Schulten erklärte, die hohen Inflationsraten im zweiten Halbjahr 2021 seien „auf eine Reihe von Sondereffekten wie die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung, den Wiederanstieg der zuvor stark zurückgegangenen Energiepreise und bestehender Engpässe bei den internationalen Lieferketten“ zurückzuführen.
(Quelle: WSI, Reuters)

 
Arbeitswelt
 
SPD: Pandemie für Beschäftigte belastend – Höheres Kurzarbeitergeld

Beschäftigte von Betrieben mit anhaltenden Schwierigkeiten wegen der Corona-Lage sollen nach Angaben der SPD im Bundestag die Zeit weiter gut mit Kurzarbeit überbrücken können. „Die Auftragseinbrüche oder Lieferkettenprobleme aufgrund der aktuellen Corona-Situation sind für viele Unternehmen und ihre Beschäftigten eine große Belastung“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Schmidt der Deutschen Presse-Agentur. Am Freitag soll im Bundestag mit einem Gesetz zur Stärkung der Impfprävention auch das aufgestockte Kurzarbeitergeld verlängert werden. Schmidt sagte: „Insbesondere Unternehmen im lokalen Einzelhandel, im Gastgewerbe und im Dienstleistungsbereich sind betroffen, aber auch Teile der Industrie.“ Mit der Verlängerung der Regelungen zum erhöhten Kurzarbeitergeld und des anrechnungsfreien Hinzuverdienstes bis Ende März wolle die Koalition helfen, diese schwierige Zeit zu überbrücken. (Quelle: dpa-AFX, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 

Konjunktur
 
IW-Umfrage: Lieferengpässe belasten deutsche Wirtschaft

Lieferengpässe etwa bei Elektronik-Bauteilen, Metallen, oder Baumaterialien sorgen laut einer Umfrage derzeit bei zahlreichen Unternehmen für Produktionsausfälle. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hatte dazu im November mehr als 2800 Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten befragt. Bezogen auf das vierte Quartal 2021 verzeichneten demnach drei Viertel der befragten Unternehmen Produktionsausfälle infolge fehlender Vorprodukte. Während gut 50 Prozent davon mit Einbußen von bis zu zehn Prozent rechnen, schätzen 17 Prozent aller befragten Firmen ihre Produktionsausfälle auf bis zu 20 Prozent und 6 Prozent auf über 20 Prozent. „Gut 1 Prozent der Betriebe produziert derzeit weniger als die Hälfte seines Normaloutputs“, heißt es in der am heutigen Freitag veröffentlichten Kurzstudie. Als Gründe nannten die Autoren unter anderem einen Auftragsrückstau infolge der schnellen Erholung der Weltwirtschaft, Störungen des internationalen Warenhandels etwa durch die Schließung von Häfen und einen deutlichen Nachfrageanstieg auf dem Markt für Halbleiter. Die Befragung zeige, dass gestörte Produktionsprozesse die Unternehmen auch im kommenden Jahr belasten würden, hieß es weiter. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 erwarteten die Firmen eine spürbare Entlastung. Rund ein Drittel der Betriebe rechnet aber auch dann noch mit Produktionsausfällen in einer Größenordnung von mehr als 5 Prozent. Gut ein Viertel der Unternehmen geht auch für 2023 von Produktionsausfällen von bis zu fünf Prozent des normalen Outputs aus. (Quelle: dpa-AFX, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
 
Steuern/Haushalt
 
Lindner: Finanzministerium ist „Ermöglichungsministerium“ – Gespräche mit Frankreich

Der neue Bundesfinanzminister Lindner wollte noch am Donnerstag mit seinem französischen Amtskollegen Le Maire zur künftigen europäischen Fiskalpolitik telefonieren und will dann am kommenden Montag persönlich nach Paris reisen. „Wir haben große internationale Aufgaben vor uns, die wir unmittelbar angehen müssen mit dem Vorsitz bei G7 und insbesondere vor dem Hintergrund des angekündigten Review der Fiscal Rules in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion“, sagte Lindner bei der Übernahme der Amtsgeschäfte vom bisherigen Finanzminister und jetzigen Bundeskanzler Scholz. Ziel von Telefonat und Reise sei es, „Common ground zu suchen mit unseren französischen Freundinnen und Freunden“, kündigte er an. Lindner sprach sich für eine Politik aus, die „fiskalische Stabilität nicht nur dieser Volkswirtschaft, sondern auch darüber hinaus Europas achtet“. Lindner betonte, dass er das Finanzministerium als „Ermöglichungsministerium“ sehe. „Ich komme in dieses Haus mit eigenen Vorstellungen und Ideen, aber auch mit großer Demut und Respekt“, sagte der neue Finanzminister. Nun gehe es an den Nachtragshaushalt, zu dem Scholz und Haushaltsstaatssekretär Gatzer bereits die wesentlichen Vorarbeiten geleistet hätten, „sodass wir nun in den politischen Vermittlungsprozess eintreten werden“. Gatzer bleibe auch unter ihm im Amt, bestätigte Lindner. Zudem betonte er, die Frage der Steuerehrlichkeit in der „wohl verstandenen Kontinuität“ seines Amtsvorgängers Scholz „weiter mit besonderer Vehemenz verfolgen“ zu wollen: „Mein Motto ist nicht Steuersätze erhöhen, sondern Steuerrecht durchsetzen." Er sei für jeden Vorschlag dazu offen. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, die bereits grenzüberschreitend geltende Anzeigepflicht von Steuergestaltungen auch auf die nationale Ebene zu übertragen. Lindner sprach sich außerdem für einen stärkeren Einsatz von Informationstechnologie in den Steuerverwaltungen und mehr digital gestützte Arbeit im Finanzministerium aus. Er habe „die Vision einer klimaneutralen Finanzverwaltung als einen Baustein des Ziels, Klimaneutralität in Deutschland insgesamt zu erreichen“. Außerdem könne es ein wichtiges Anliegen für die kommenden Jahre werden, die Wettbewerbsfähigkeit des privaten Finanzsektors in Deutschland und Europa im globalen Umfeld zu stärken. „Ich glaube, dass der gesamte Finanzsektor, der Kapitalmarktsektor auch ein Wachstumstreiber für unser Land sein kann“, erklärte der FDP-Politiker. (Quelle: Dow Jones, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
IfW-Subventionsbericht: Corona-Krise treibt Finanzhilfen
Die Finanzhilfen des Bundes steigen kräftig. Laut Haushaltsplanung werden sie 2021 mit 87,2 Mrd. Euro einen Höchststand erreichen. Das bedeutet einen Anstieg um über 50 Prozent gegenüber den Finanzhilfen, die 2019 geflossen sind. Treibend wirken vor allem die Ausgaben des Zukunftspakets, das der Bund im Zuge der Corona-Krise aufgelegt hat. Erstmals sind die umweltpolitischen Finanzhilfen des Bundes 2021 der größte Posten. Bislang waren dies die Zahlungen an den Verkehrssektor. „Die Neigung der politisch Verantwortlichen, Subventionen zu verteilen, hat im Gefolge der Corona-Krise deutlich zugenommen. Das für dieses Jahr geplante Finanzhilfevolumen ist gewaltig, es entspricht dem 1,9-Fachen des Verteidigungsetats oder dem 4,2-Fachen der Ausgaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung“, sagte Laaser, Forscher am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel), anlässlich des am Donnerstag veröffentlichten Subventions-Zwischenberichts. Demnach legen die Finanzhilfen des Bundes seit 2015 jedes Jahr zu und steigen damit nun das siebte Jahr in Folge. Laut Haushaltsplanung sollen sie 2021 auf den Höchststand von 87,2 Mrd. Euro klettern. Erstmals werden damit die bisherigen Finanzhilfe-Rekorde während der Finanzkrise überschritten. Im Vergleich zu den 57,2 Mrd. Euro, die 2019 an Finanzhilfen geflossen sind, bedeutet dies eine Steigerung um 30 Mrd. Euro oder 52,4 Prozent. Für 2020 sehen die Planzahlen Finanzhilfen in Höhe von 67,4 Mrd. Euro vor. Dabei ist der Anstieg von 2020 auf 2021 mit 29,3 Prozent fast doppelt so hoch wie von 2019 auf 2020 mit 17,9 Prozent. „Immer mehr Subventionen werden Deutschland auf Dauer überfordern. Der demografische Wandel schwächt zunehmend die Wachstumskräfte und verschärft die Verteilungskonflikte. Mehr Subventionen sind darauf keine Antwort, sondern verschlimmern das Problem. Es ist höchste Zeit, den Subventionsabbau nun ernsthaft anzugehen“, sagte der Vizepräsident des IfW Kiel, Kooths. Der Kieler Subventionsbericht fasst den Subventionsbegriff weiter und erfasst deutlich mehr Zahlungsströme als der amtliche Subventionsbericht der Bundesregierung, der etwa für 2020 nur Finanzhilfen von 14,4 Mrd. Euro ausweist. „Die starke Erhöhung der Finanzhilfen in diesem Jahr kommt fast vollständig über Mikromaßnahmen zur Steuerung der Umweltpolitik zustande, das ist der neue Schwerpunkt der Subventionstätigkeit“, so Laaser. Das Geld dafür stammt aus dem 50 Mrd. Euro schweren Zukunftspaket, das im Zuge der Corona-Hilfen für 2020 und 2021 aufgelegt wurde. Insgesamt 21,2 Mrd. Euro davon fallen als Finanzhilfen unter den Kieler Subventionsbegriff. (Quelle: IfW, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 
Nachhaltigkeit
 
Klima-Aktivisten verlangen von Scholz klares Nein zu „grüner“ Atomkraft

Kurz vor seinem Antrittsbesuch in Frankreich fordern die Aktivisten von Fridays for Future Bundeskanzler Scholz dazu auf, die französische Initiative zu einer grünen Kennzeichnung von Gas und Atomkraft abzulehnen. „Die deutsch-französische Freundschaft darf nicht missbraucht werden, um fossiles Gas und strahlende Nuklearenergie für grün zu erklären“, sagte die Aktivistin Reemtsma am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Gas und Atomenergie seien „Technologien aus dem letzten Jahrhundert mit einer vernichtenden Umwelt- und Klimabilanz“, erklärte Reemtsma weiter. „Wenn Olaf Scholz als ersten außenpolitischen Akt die Greenwashing-Offensive der Gas- und Atomlobby unterstützt, käme das einer Bankrotterklärung seiner Klima-Versprechen gleich.“ Gemeint sind die Überlegungen auf EU-Ebene, Investitionen in Gas und Atomkraft als „nachhaltig“ einzustufen. Frankreich und Länder wie Polen und Tschechien setzen sich derzeit stark dafür ein. Seit Monaten gibt es in der EU Streit über diese Einstufung, die auch als Taxonomie bekannt ist. Wenn sie kommen sollte, könnten auch Banken und Versicherungen in „nachhaltige“ Atom- und Gaskraftwerke investieren. Umweltschützer kritisieren diese Möglichkeit scharf. (Quelle: dpa-AFX, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 
Politik
 
Studie zu 29 Ländern: Deutschland recht krisenfest in der Pandemie

In der Corona-Pandemie haben sich Demokratie, Staat und Verwaltung, Wirtschaft und soziale Sicherung einer Analyse zufolge in Deutschland als robust erwiesen. Die Bundesrepublik schneide bei der Krisenfestigkeit im internationalen Vergleich unter 29 Industrieländern gut ab, liege nach Schweden und Neuseeland in der Spitzengruppe, hieß es in einer Studie der Bertelsmann Stiftung. Dafür waren 94 Indikatoren von Februar 2019 bis Januar 2021 – also im ersten Corona-Jahr –untersucht worden, mehr als 70 Experten hatten Länderberichte erstellt. Berücksichtigt wurden Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dennoch gebe es auch hierzulande erhebliche Defizite, die neue Ampelregierung müsse bei Digitalisierung und Krisenvorsorge einen Neustart angehen, forderten die Studienautoren. Bewertet wurden die drei Säulen Widerstandsfähigkeit der Demokratie, Organisation des Krisenmanagements von Politik und Behörden sowie drittens die Robustheit von Wirtschaft und Sozialstaat in der Pandemie. Im Teilbereich Demokratie-Robustheit erhielten Polen, Ungarn und die Türkei die schlechtesten Noten. „Dort nutzen Regierungen die Pandemie, um Bürgerrechte auf Dauer einzuschränken.“ Es zeigte sich, dass es in Staaten, in denen demokratische Werte wie Freiheit der Medien, Unabhängigkeit der Justiz oder Bürgerrechte schon vor der Krise gefährdet waren, weitere „besorgniserregende Rückschritte“ gab, wie die Erhebung betonte. In den allermeisten Ländern seien die Parlamente ins Krisenmanagement schlecht eingebunden gewesen, vor allem wegen des hohen Zeitdrucks. Deutschland kam hier zusammen mit Portugal auf Platz 6. Beim Krisenmanagement – bewertet mit Rang 5 – habe es auch in der Bundesrepublik im ersten Pandemie-Jahr wegen Kompetenzgerangels gehakt, bilanzierte die Untersuchung. So hätten sich etwa bei Kontaktnachverfolgung und Daten-Management viele Schwächen gezeigt, sagte Studienautor Schiller der Deutschen Presse-Agentur. Es brauche mehr Transparenz. Es gehe um schnelle und anschauliche Vermittlung von Daten an die Bürger. „Damit sie gut informiert sind und die Akzeptanz der vielen einschränkenden Maßnahmen erhöht wird.“ Aus der Zivilgesellschaft müssten mehr Experten bei politischen Entscheidungen hinzugezogen werden - Gewerkschaften, Arbeitgeber, Umwelt- oder auch Sozialverbände. Zunächst habe sich unter den politischen Akteuren eine recht gute Kompromissfähigkeit gezeigt, die dann aber bröckelte, meinte Schiller. „Die Profilierung der jeweiligen Länder-Regierungen wurde wichtiger, der Bund-Länder-Grundkonsens nahm ab.“ Man sehe hier eine „Baustelle“, beim koordinierten Vorgehen müsse Deutschland besser werden. Es brauche zudem vorausschauende Politikansätze. Die schleppende Digitalisierung habe auch den Bildungsbereich getroffen. Bei der Krisenanfälligkeit des Schulsystems schneide die Bundesrepublik mit Rang 15 eher schlecht ab. Hier gebe es hohen Reformbedarf. Vor allem Schüler aus bildungsfernen Familien seien in den Homeschooling-Phasen kaum von den digitalen Angeboten erreicht worden, kritisierte Schiller. Bei der dritten Säule sieht die Studie Deutschland insgesamt auf dem 2. Rang – in dem Unterbereich Wirtschaftspolitik dabei sogar auf dem internationalen Spitzenplatz. „Dank umfassender Kurzarbeiterregelung und solider Staatsfinanzen“, wie Wirtschaftsexperte und Co-Autor Hellmann schilderte. Auch die sozialen Sicherungssysteme seien im ersten Pandemie-Jahr stabil geblieben. Zudem habe das starke Gesundheitssystem Deutschland unter deutlich günstigeren Vorzeichen in die Pandemie starten lassen als viele andere Staaten. Laut Studie rangierten bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik Japan und Frankreich im Mittelfeld, die USA im unteren Drittel, Mexiko bilde das Schlusslicht. Alle Staaten hätten sich in der Krise „massiv verschuldet“. (Quelle: dpa-AFX, M+E-Newsletter Gesamtmetall)