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VSU-Schlagzeilen 10.03.2022

Turbulenzen am Markt für Nickel / Fratzscher rechnet mit starkem Inflationsanstieg / IfW-Berechnungen: Ölembargo der USA schädigt Russland kaum / Krankenversicherung mit Defizit von fast sechs Milliarden Euro

Gesamtmetall und IG Metall rufen gemeinsam die Betriebe und die Beschäftigten in den Unternehmen der deutschen M+E-Industrie zu einer Schweigeminute für die Opfer des Ukraine-Krieges auf.  
Am Freitag, 11. März 2022, um 11 Uhr wollen wir gemeinsam der Opfer des von Russlands Präsident Wladimir Putin ausgehenden Angriffskriegs gedenken und so ein Zeichen für Frieden in der Ukraine setzen.
ME Saar schließt sich dem Aufruf an.


Konjunktur
Turbulenzen am Markt für Nickel
BGA rechnet nach Rekordjahr auch wegen Ukraine-Kriegs mit Gegenwind
IW-Analyse zur Kriegsbelastung deutscher Unternehmen
Fratzscher rechnet mit starkem Inflationsanstieg
 
Wirtschaftspolitik
EU-Sanktionen werden erweitert
IfW-Berechnungen: Ölembargo der USA schädigt Russland kaum
Expertenkommission warnt vor Technologie-Abhängigkeit von China
 
Energiepolitik
Regierung: Kein Boykott russischer Energielieferungen
VDMA: Europäische Unabhängigkeit in der Energieversorgung stärken
BDEW: Steigende Energiepreise erfordern weitere Entlastungs-Schritte
 
Sozialpolitik
Krankenversicherung mit Defizit von fast sechs Milliarden Euro
 
Nachhaltigkeit
Hüther: EU-Klimapaket wegen Ukraine-Krieg unrealistisch
 
 
 
Gesamtmetall und IG Metall rufen zu Gedenken an die Opfer des Ukraine-Krieges auf
Gesamtmetall und IG Metall rufen gemeinsam die Betriebe und die Beschäftigten in den Unternehmen der deutschen M+E-Industrie zu einer Schweigeminute für die Opfer des Ukraine-Krieges auf:
„Am Freitag, 11. März 2022, um 11 Uhr wollen wir gemeinsam der Opfer des von Russlands Präsident Wladimir Putin ausgehenden Angriffskriegs gedenken und so ein Zeichen für Frieden in der Ukraine setzen. Wir verurteilen den Krieg auf das Schärfste. Er muss sofort beendet werden. Wir fordern die russische Regierung auf, alle Angriffe einzustellen und ihre Truppen zurückzuziehen. Der Überfall auf einen souveränen Staat ist ein klarer Bruch des Völkerrechts und ein massiver Verstoß gegen die Grundsätze der UN-Charta. Er ist Ausdruck einer rücksichtslosen Machtpolitik. Dafür gibt es keinen Grund und keinerlei Rechtfertigung. Nach Jahrzehnten des Friedens in Europa ist diese militärische Aggression gegen ein unabhängiges Land ein tiefer Einschnitt für uns alle. Innerhalb weniger Tage sind die Grundlagen unseres friedlichen Zusammenlebens in Frage gestellt worden.
Unsere uneingeschränkte Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine. Diese sind Opfer eines brutalen Überfalls geworden, sie leiden ganz unmittelbar unter den unmenschlichen Folgen des Krieges. Wir unterstützen alle Bemühungen, die dazu beitragen, einen Waffenstillstand und Frieden zu erreichen. Deutschland und Europa müssen Menschen, die vor dem Krieg fliehen, solidarisch aufnehmen und humanitäre Hilfe leisten, um menschliches Leid zu verringern. Wo wir können, werden auch wir helfen. Auf die Aggressionen haben Deutschland, Europa und viele andere Staaten entschlossen reagiert. Die bereits beschlossenen Sanktionen gegen Russland richten sich gegen die politisch Verantwortlichen und ausdrücklich nicht gegen die russische Bevölkerung, gleichwohl diese ebenfalls unter den Auswirkungen zu leiden hat. Diese Maßnahmen werden uns allen Opfer abverlangen.“
(Quelle: Gesamtmetall, IG Metall, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
 
Konjunktur
 
Turbulenzen am Markt für Nickel
Der Ukraine-Krieg hat zu schweren Verwerfungen am Nickelmarkt geführt. Gestern stieg der Preis für eine Tonne des Industriemetalls um mehr als 50 Prozent auf zeitweise über 100.000 US-Dollar. Der Handel an der Londoner Rohstoffbörse wurde daraufhin für möglicherweise mehrere Tage ausgesetzt, wie die Börse LME erklärte. Das geringe Angebot sei auch eine Folge des Ukraine-Kriegs, wenngleich der Nickelpreis schon vor dem Krieg deutlich gestiegen sei, erklärten Experten. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
BGA rechnet nach Rekordjahr auch wegen Ukraine-Kriegs mit Gegenwind
Der deutsche Großhandel blickt nach dem Umsatzrekord im Jahr 2021 mit mehr Skepsis in die Zukunft. Der BGA rechne „weiterhin nicht mit einem Konjunktureinbruch, aber die Konjunkturprognosen vom Jahreswechsel 2021/22 sind nicht mehr haltbar“, warnte dessen Präsident Jandura. Zwar habe der Großhandel trotz Pandemie 2021 zulegen können, es gebe aber Gegenwind durch steigende Preise infolge von Lieferengpässen bei Rohstoffen wie Mineralöl und Metallen sowie gestörte Lieferketten. Angesichts des Krieges in der Ukraine und seiner Folgen werde dieser Trend anhalten und sich infolge der Sanktionen gegen Russland noch ausweiten, sagte Jandura.
(Quelle: BGA, Reuters, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
IW-Analyse zur Kriegsbelastung deutscher Unternehmen
Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat nach IW-Analyse spürbare Auswirkungen auf deutsche Unternehmen: Stark gestiegene Energiepreise stellen für eine Mehrheit eine große oder sehr große Belastung dar; fehlende Zulieferungen und mögliche Engpässe in der Gasversorgung folgen als weitere Risiken, zeigt die IW-Umfrage unter gut 200 Unternehmen aus der Industrie und den industrienahen Dienstleistungen in der ersten Kriegswoche (24. Februar bis 4. März 2022). Gut drei von fünf Unternehmen erwarten danach bereits große oder sehr große Belastungen durch die erhöhten Energiepreise. Bei den Industrieunternehmen sind es aufgrund der energieintensiven Produktionsprozesse gut 70 Prozent der Firmen, die infolge der höheren Produktionskosten eine Schwächung vorhersehen. Ausfallende Zulieferungen von Gas stellen für fast ein Drittel aller berücksichtigten Unternehmensbereiche ein Problem dar. In der Industrie sind die Sorgen hinsichtlich einer eingeschränkten Gasversorgung höher: 37 Prozent der befragten Industriebetriebe sehen eine ausbleibende Gasversorgung als einen (sehr) großen Angebotsschock. Gut 30 Prozent aller befragten Unternehmen bewerten ausfallende Zulieferungen von anderen Vorleistungen für ihre Produktion als ein eher großes oder sehr großes Problem. Unter den Industriefirmen sind es aufgrund der international stärker aufgestellten Wertschöpfungsketten fast 40 Prozent, die (sehr) große Anpassungslasten erwarten. (Quelle: IW, Dow Jones, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
Fratzscher rechnet mit starkem Inflationsanstieg
DIW-Präsident Fratzscher warnt vor hoher Inflation infolge des Kriegs in der Ukraine. Wahrscheinlich werde es im laufenden Jahr Inflationsraten von „deutlich über 5 Prozent“ geben, sagte Fratzscher: „Im Fall einer Eskalation des Kriegs und immer neuer Sanktionen kann es sogar Richtung 10 Prozent gehen." Die Teuerung werde sich in den kommenden Wochen und Monaten noch einmal verstärken, weil noch nicht alle Preissteigerungen und höheren Kosten an die Konsumenten weitergegeben worden seien. Die Lage sei unsicher, aber eines sei sicher: "Wenn es zu einem Stopp der Gas- und Öllieferungen von Russland nach Europa käme, dann würde sich die Lage noch einmal dramatisch verschärfen." Fratzscher warnte zudem, man dürfe nicht nur auf die Energiepreise schauen: "Wir könnten auch wieder sehr große Probleme bei den Lieferketten bekommen, beispielsweise bei Halbleitern, denn Russland exportiert auch wichtige Rohstoffe wie seltene Erden." Das Gleiche gelte für Nahrungsmittel. Russland sei einer der großen Exporteure von Weizen und von Düngemitteln. "Wir müssen uns deshalb darauf einstellen, dass die Nahrungsmittelpreise noch einmal deutlich steigen könnten", so Fratzscher, der trotz der steigenden Inflationsrate nicht auf eine EZB-Zinsanhebung setzt: „Wenn die EZB jetzt die Zinsen erhöhen würde, würde das nichts an den höheren Energie- und Lebensmittelpreisen ändern, und es würde auch die Lieferketten nicht absichern. Stattdessen würde der Schaden noch vergrößert, weil höhere Zinsen die Wirtschaft schwächen." Fratzscher erwartet, dass die deutsche Wirtschaft „jetzt wieder in eine Rezession abgleitet“. Die Entwicklung der Wirtschaftsleistung sei schon im vierten Quartal des vergangenen Jahres negativ gewesen und auch im ersten Quartal des laufenden Jahres und im zweiten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaft schrumpfen, erklärte Fratzscher: „In einer solchen Situation Zinsen zu erhöhen würde bedeuten, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Die Menschen würden doppelt gestraft. Sie würden nicht nur mehr Geld im Supermarkt und an der Zapfsäule zahlen müssen, sondern würden auch weniger Einkommen haben." Der Ökonom forderte, statt Zinsen zu senken, müsse die EZB dafür sorgen, "dass es zu keiner Finanzkrise kommt, dass der Geldmarkt weiter funktioniert, dass Unternehmen weiterhin an Kredite kommen können, um investieren und Jobs sichern zu können". (Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
 
Wirtschaftspolitik
 
EU-Sanktionen werden erweitert
Die EU-Staaten haben sich auf eine weitere Ausweitung der Sanktionen gegen Russland und Belarus verständigt. Wie die EU-Kommission mitteilt, werden SWIFT-Dienste für die Belagroprombank, die Bank Dabrabyt und die Entwicklungsbank der Republik Belarus sowie deren belarussische Tochtergesellschaften eingeschränkt und Transaktionen mit der belarussischen Zentralbank im Zusammenhang mit der Verwaltung von Reserven oder Vermögenswerten und der Bereitstellung von öffentlichen Finanzmitteln für den Handel mit und Investitionen in Belarus verboten. Zudem werden unter anderem Börsennotierung und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien staatlicher belarussischer Unternehmen an EU-Handelsplätzen ab dem 12. April untersagt. Für Russland werden neue Beschränkungen für die Ausfuhr von Technologien für die Seeverkehrsnavigation und den Funkverkehr eingeführt, das russische Seeschifffahrtsregister wird in die Liste der staatlichen Unternehmen aufgenommen, die Finanzierungsbeschränkungen unterliegen, und es wird eine Bestimmung über die vorherige Weitergabe von Informationen für die Ausfuhr von Sicherheitsausrüstung für den Seeverkehr eingeführt. Außerdem wird die Ausnahmeregelung für die Annahme von Einlagen über 100.000 Euro bei EU-Banken auf Staatsangehörige der Schweiz und des EWR ausgedehnt.
(Quelle: EU-Kommission, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
IfW-Berechnungen: Ölembargo der USA schädigt Russland kaum
Das von den USA verhängte Ölembargo gegen Russland ist einer IfW-Modellrechnung zufolge auf längere Sicht gesamtwirtschaftlich kaum von Bedeutung und schadet der russischen Wirtschaft kaum. Erst eine EU-Beteiligung hätte „langfristig einen signifikanten Schaden für Russlands Wirtschaft zur Folge, allerdings auch für einige eigene Mitgliedsländer“, schreiben die IfW-Forscher. „Der Importstopp von russischem Öl durch die USA mag symbolisch von hoher Bedeutung sein, einen ökonomischen Schaden bei der russischen Wirtschaft verursacht er praktisch nicht und hat daher auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf die finanziellen Handlungsspielräume Wladimir Putins“, sagte IfW-Ökonom Mahlkow. Ein Importstopp für russisches Öl durch die USA, Großbritannien und Kanada hätte für die russische Wirtschaft demnach langfristig nur Einbußen um rund 0,2 Prozent ihrer Wirtschaftskraft zur Folge. Sehr viel wirksamer werde ein Ölembargo, wenn sich die EU beteilige, heißt es weiter: „In diesem Fall sinkt Russlands Bruttoinlandsprodukt in der Simulation dauerhaft um 1,2 Prozent. Allerdings wäre ein solcher Schritt für die EU teuer, weil vor allem ihre östlich gelegenen Mitgliedsländer wie Estland (minus 1,1 Prozent), Malta (minus 1), Litauen (minus 0,8) oder Griechenland (minus 0,7) langfristig wirtschaftliche Einbußen haben. Deutschland wäre mit einer auf Dauer um 0,2 Prozent geringeren Wirtschaftskraft vergleichsweise gering betroffen.“ (Quelle: IfW, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
Expertenkommission warnt vor Technologie-Abhängigkeit von China
Deutschland und die EU drohen nach Einschätzung der "Expertenkommission Forschung und Innovation" (EFI) bei digitaler Technologie den Anschluss zu verlieren und in zu starke Abhängigkeit Chinas zu geraten. "Die Abhängigkeit von chinesischen Importen macht der Expertenkommission Sorge", hieß es in einer begleitenden Mitteilung zum 15. Gutachten der Kommission. Deutschland habe zwar Stärken in den Produktionstechnologien sowie den Bio- und Lebenswissenschaften, als "ernsthaft kritisch" aufgrund von deutlichen Schwächen würden jedoch die digitalen Technologien bewertet, sagte Kommissionsmitglied Häussler. In starkem Kontrast dazu stehe die ausgewiesene Stärke Chinas. Mit zunehmender "systemischer" Konkurrenz zwischen dem Westen und China wachse das Risiko, "dass wir künftig auf wichtige Technologien nicht mehr verlässlich zugreifen können", sagte Häussler. Die Kommission sieht daher "dringenden Handlungsbedarf: Die Themen Schlüsseltechnologien und technologische Souveränität gehören oben auf die politische Agenda." Empfohlen wird eine entsprechende Förderung von Forschung und Innovation. In der Klimapolitik im Bereich Individualverkehr sind aus Sicht der Experten Autos mit Batterien die ökologisch wirksamste und volkswirtschaftlich sinnvollste Option zur Einsparung von Treibhausgasen. Um einen "entscheidenden Durchbruch" zu erzielen, sprechen sie sich für "erheblich" höhere CO2-Preise und eine Senkung oder sogar Abschaffung der Stromsteuer und der EEG-Umlage aus. Die Kfz-Steuer sollte zudem ebenfalls gesenkt und stärker auf nutzungsabhängige Abgaben, wie Maut- und Parkgebühren, gesetzt werden. (Quelle: dpa, EFI, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
 
Energiepolitik
 
Regierung: Kein Boykott russischer Energielieferungen
Die Bundesregierung sieht weiter keine Möglichkeit für einen sofortigen Boykott russischer Energielieferungen nach dem Vorbild der USA. Die USA seien Exporteur von Gas und Öl, was man für Europa insgesamt nicht sagen könne, betonte Bundeskanzler Scholz: „Und deshalb sind die Dinge, die getan werden können, auch unterschiedlich.“ Deutschland kann sich nach den Worten von Wirtschaftsminister Habeck allerdings rasch von russischen Energieimporten lösen: „Wir werden uns schnell aus der Klammer von russischen Importen befreien, aber noch sind wir da nicht. In Wochen und Monaten kann man es ändern, aber nicht in Stunden.“ Es gehe darum, Hunderttausende Arbeitslose zu verhindern und Preissprünge, die die Menschen sich nicht mehr leisten könnten, sagte Habeck. Es gehe darum, Schäden abzuwenden, die Deutschland auf Jahre binden und auch politisch lähmen würden: „Wir wissen aus der Covid-Pandemie, dass der Ausfall von nur einigen Vorprodukten zu Schädigungen der gesamten Lieferkette führen kann. Und das gilt natürlich auch für Vorprodukte, die aus Erdgas, Kohle oder Öl stammen.“
Die Union fordert derweil einen Stopp des Gasbezugs über die Pipeline Nord Stream 1. Dies würde "eine neue Qualität in den Sanktionen bedeuten", sagte der Vorsitzende der die Unionsfraktion im Bundestag, Merz. Angesichts der "massiven Kriegsverbrechen" Russlands in der Ukraine sei eine solche Eskalation notwendig: "Das ist eine Einschränkung der Gasversorgung der Bundesrepublik Deutschland, die damit einhergeht. Wir sind der Meinung, dass wir das akzeptieren müssten angesichts der Lage, die dort entstanden ist." CDU-Verteidigungspolitikern Güler sprach sich ebenfalls für ein Embargo auf russisches Gas aus: "Es wäre unglaubwürdig und der internationalen Reputation von Deutschland abträglich, wenn die Bundesregierung sich nicht zu einem Gas-Embargo entschließen würde. Ich glaube zwar nicht, dass die Panzer stehen bleiben würden, wenn Deutschland kein Gas mehr aus Russland bezieht. Aber wahr ist auch, dass wir Putins Krieg jeden Tag mit unseren Gas-Zahlungen mitfinanzieren.“ Güler sprach sich zudem für Steuersenkungen aus, um die Verbraucher von steigenden Energiepreisen zu entlasten.
(Quelle: dpa, Reuters, Kölner Stadt-Anzeiger, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
 
VDMA: Europäische Unabhängigkeit in der Energieversorgung stärken
Angesichts möglicher Energie-Maßnahmen gegen Russland hat VDMA-Hauptgeschäftsführer Brodtmann die Unterstützung des EU-Vorhabens zu mehr Energieunabhängigkeit von Russland sowie das 200 Milliarden Euro-Paket der Bundesregierung begrüßt, das Investitionen in Versorgungssicherheit verbunden mit mehr Klimaschutz voranbringen werde. „Die aktuelle Analyse der Bundesregierung ist richtig: Ein sofortiger Importstopp von russischen Energieträgern würde unsere Wirtschaft so nachhaltig schaden, dass Deutschland enorm an Handlungsfähigkeit einbüßen würde. Ein solcher Importstopp wäre jetzt keine sinnvolle und nachhaltige Option. Diese Einschätzung muss aber laufend überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Wir unterstützen die bereits beschlossenen Sanktionen gegen Russland uneingeschränkt“, sagte Brodtmann: „Maßnahmen zur Dämpfung des dramatischen Energie-Preisanstiegs für private und industrielle Verbraucher sind gerade für den industriellen Mittelstand notwendig. Wir raten aber dringend dazu, diese auf die staatlich induzierten Preisbestandteile zu konzentrieren. Eingriffe in die marktliche Preisfindung wären für Deutschland einmalig und die Auswirkungen auf kommende, dringend benötigte Investitionen in die Transformation sind unberechenbar."
(Quelle: VDMA, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
BDEW: Steigende Energiepreise erfordern weitere Entlastungs-Schritte
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat wegen der steigenden Energiepreise weitere Entlastungsschritte für Haushalte und Wirtschaft verlangt. "Der Druck auf die Strom- und Gaspreise ist aufgrund des Krieges in der Ukraine enorm", sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Andreae. Hinzu komme, dass die Großhandelspreise bereits vor Kriegsausbruch auf einem außergewöhnlich hohen Niveau gelegen hätten. Das verteuere für die Energieversorger die Beschaffung von Strom und Gas ganz erheblich. Die Politik müsse "hier alle Optionen prüfen, wie die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden können". Die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage sei dabei ein wichtiger Schritt, aber es sollten auch alle weiteren Optionen geprüft werden, beispielsweise die Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie von 19 auf 7 Prozent und die Senkung der Stromsteuer auf das europäisch zulässige Mindestmaß, forderte Andreae: "Die Herausforderungen sind außergewöhnlich, daher bedarf es auch außergewöhnlicher Maßnahmen, um die Haushalte vor explodierenden Kosten zu schützen und die Handlungsfähigkeit der Unternehmen zu sichern." Angesichts der aktuellen Debatten über ein Embargo für russische Energielieferungen warnte Andreae vor "unabsehbaren Folgen" für Verbraucher und Wirtschaft in Deutschland. Es sei zwar "absolut verständlich", dass angesichts des Ukraine-Krieges drastische Forderungen aufgestellt würden. Ein Embargo für Energielieferungen aus Russland allerdings hätte "massive negative Auswirkungen". Um dauerhaft unabhängiger zu werden, müssten jetzt Hemmnisse auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene für erneuerbare Energien beseitigt werden. "Es muss so schnell wie möglich mehr Fläche für Erneuerbare-Energien-Anlagen ausgewiesen werden", verlangte sie. (Quelle: Dow Jones, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
 
Sozialpolitik
 
Krankenversicherung mit Defizit von fast sechs Milliarden Euro
Bei den gesetzlichen Krankenkassen hat die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr zu einem Defizit von rund 5,8 Milliarden Euro beigetragen. Auch ein Abbau von Finanzreserven wirkte sich aus. Zum Jahresende lagen die Reserven der Kassen noch bei rund 11 Milliarden Euro, wie das Gesundheitsministerium berichtet. Der Gesundheitsfonds als Geldsammel- und Verteilstelle der Kassen erzielte einen Überschuss von 1,4 Milliarden Euro, seine Reserve betrug zuletzt 7,9 Milliarden Euro. Bei den Kassen standen Einnahmen von 278,6 Milliarden Euro Ausgaben von 284,3 Milliarden gegenüber. Von den Ausgaben entfielen rund 8 Milliarden Euro auf die Vermögensabführung der Krankenkassen an den Gesundheitsfonds zur Stabilisierung der Beitragssätze. Mit 85,1 Milliarden machten die Krankenhausbehandlungen den größten Ausgabenblock aus. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)
 
 
Nachhaltigkeit
 
Hüther: EU-Klimapaket wegen Ukraine-Krieg unrealistisch
Das EU-Klimaschutzpaket wird nach Einschätzung des IW-Direktor Hüther wegen des Kriegs in der Ukraine nicht wie geplant umgesetzt werden können. Man dürfe Unternehmen angesichts der unsicheren Lage nicht mit zusätzlichen Kosten belasten, sagte der IW-Direktor und betonte: "Die Ziele für die Klimaneutralität stehen nicht in Frage, aber der Weg dahin muss überprüft werden." Das "Fit for 55"-Paket der EU-Kommission sieht vor, dass klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden im Vergleich zu 1990. Bis 2050 muss die EU klimaneutral werden, also keine Emissionen mehr ausstoßen, die nicht gebunden werden. "Man sollte den Meilenstein 2030 aufheben", sagte Hüther. Auch eine geplante Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr sei unrealistisch. Der IW-Direktor warnte, dass die Automobilbranche in Deutschland wegen ihrer Lieferketten am meisten von den Folgen des Kriegs betroffen sein werde: "Produktionsstopps könnten breiter und tiefer ausfallen als erwartet." Das liege daran, dass viele kritische Rohstoffe wie Palladium, das für Halbleiter gebraucht werde, aus Russland kämen. Für die Autoherstellung benötigte Kabelbäume würden oft in der Ukraine zusammengebaut. Hüther äußerte sich kritisch über ein mögliches EU-Einfuhrverbot für russisches Gas. Man könne ein Drittel vom russischen Gas durch LNG und andere Lösungen ersetzen, sagte Hüther: "Aber ganz kippen geht kurzfristig – mit Blick auf den nächsten Winter – nicht." Denn man müsse Sanktionen auch durchhalten können. Hüther schlug stattdessen vor, über die geplante internationale Mindeststeuer russische Gaslieferanten in der EU zu besteuern: "Das wäre besser als ein Gaslieferstopp." Die Steuer sieht unter anderem vor, dass große Unternehmen da besteuert werden sollen, wo sie Profite machen.
(Quelle: dpa, M+E-Newsletter, Gesamtmetall)