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Neue Coronaregeln im Saarland in Kraft / Erster Berlin-Flug nach Corona-Stillstand ab Ensheim / Kreditvergabe an Firmen steigt im Euroraum auf Elf-Jahres-Hoch

Saarland
Neue Coronaregeln im Saarland in Kraft 
Erster Berlin-Flug nach Corona-Stillstand ab Ensheim

Arbeitswelt
Keine telefonische Krankschreibung mehr

Konjunktur
HDE-Konsumbarometer legt zu
Kreditvergabe an Firmen steigt im Euroraum auf Elf-Jahres-Hoch
Wirtschaft in Frankreich und Italien bricht ein

Wirtschaftspolitik
Debatte um milliardenschweres Konjunkturpaket
Fuest: Nicht Konsum, sondern Wettbewerbsfähigkeit fördern

Energiepolitik
Regierungskreise: Einigung bei Wasserstoff wieder gescheitert

 

Sozialpolitik
Gesundheitsfonds der Krankenkassen droht Defizit bis Jahresende
Corona-Massentests kosten bis zu 7,6 Milliarden Euro in diesem Jahr

 Interview
Wolf: Für die Maschinen- und Anlagenbauer wird es schlimm

Saarland

Neue Coronaregeln im Saarland in Kraft  

Im Saarland ist eine neue Rechtsverordnung zur Bekämpfung der Coronapandemie in Kraft getreten. So dürfen sich ab sofort im öffentlichen und privaten Raum bis zu zehn Personen treffen. Hierbei wird ein Mindestabstand von 1,5 Metern empfohlen. Außerdem dürfen Gastronomiebetriebe nun bis 23.00 Uhr öffnen. Für Hotels entfällt die Belegungsobergrenze der Zimmer. Geschäfte können wieder mehr Kunden empfangen. Zudem dürfen Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen wieder von einer Person besucht werden, die nicht zur Familie gehört. (Quelle: sr-online)

 

Erster Berlin-Flug nach Corona-Stillstand ab Ensheim

Ab heute fliegt die dänische Airline DAT nach der coronabedingten Zwangspause wieder vom Saarbrücker Flughafen nach Berlin. Sie startet mit einem reduzierten Angebot: Montags bis donnerstags startet die DAT-Maschine bereits morgens um 7.30 Uhr nach Berlin. Freitags und sonntags finden die Flüge am frühen Nachmittag um 13.40 Uhr statt. Normalerweise werden drei Flüge pro Tag nach Berlin angeboten. Bei allen Flügen besteht Maskenpflicht für die Passagiere. Die Abstandsregeln müssen auch im Boarding-Bereich und beim Check-in und bei der Sicherheitskontrolle beachtet werden. Zudem führt die Airline zusätzliche Reinigungs- und Hygienemaßnahmen durch. Laut dem Flughafen-Sprecher liegen für den Monat Juni bereits 700 Buchungen für Berlin-Flüge vor. Das seien mehr als erwartet. Die Airline DAT will offenbar flexibel auf die Nachfrage reagieren und das Angebot bei Bedarf schnell ausweiten.

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) sagte, die Berlin-Verbindung sei für den Wirtschaftsstandort von großer Bedeutung. Es sei im saarländischen Interesse, dass der Flughafen und seine Verbindungen auch nach der Corona-Krise wieder funktionierten.  

Am vergangenen Freitag hatte die Fluggesellschaft Luxair bereits wieder ihre Flüge auf der Strecke Saarbrücken - Hamburg aufgenommen.  Im Juni wird die Strecke viermal wöchentlich und zwar montagmorgens sowie mittwochs, freitags und sonntags am frühen Abend bedient.

Mit zwei Flügen am Tag ist der Flughafen Saarbrücken allerdings nicht ausgelastet. Für die Beschäftigten gilt deshalb weiterhin Kurzarbeit. Wann wieder Ferienflüge ab Saarbrücken stattfinden, steht nach Angaben des Flughafens noch nicht fest. Auf eine Wiederaufnahme von Ferienflügen sei der Airport vorbereitet. (Quelle: sr-online)

 

 

Arbeitswelt

 

Keine telefonische Krankschreibung mehr  

Wer eine Krankschreibung wegen einer Erkältung benötigt, muss wieder zum Arzt. Die Sonderregelung für telefonische Krankschreibungen wegen der Coronakrise ist am Sonntag ausgelaufen. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen zufolge steht das Ende der Sonderregelung im Einklang mit der aktuellen Einschätzung der Gefährdungslage. Diese führte zu Lockerungen in vielen Bereichen. Die befristete Ausnahmeregelung war in den vergangenen Monaten mehrmals verlängert worden, u.a.um Ansteckungsmöglichkeiten zu verringern.  

 

 

Konjunktur

 

HDE-Konsumbarometer legt zu

Das Konsumbarometer des Handelsverbands HDE ist für Juni um fast drei Punkte gestiegen, notiert mit 93,51 Punkten allerdings noch auf dem zweitniedrigsten jemals erreichten Stand. Eine weitere Erholung in den kommenden Monaten scheine jedoch wahrscheinlich, heißt es weiter. Hauptgrund für die aufgehellte Stimmung dürften die Lockerungen der vergangenen Wochen sein, sodass zahlreiche Alltagstätigkeiten nach dem wochenlangen Corona-Lockdown nun wieder möglich sind. Das Konsumbarometer basiert auf einer repräsentativen Verbraucherbefragung und wird monatlich vom Handelsblatt Research Institute (HRI) für den HDE berechnet. Es sagt das Verbraucherverhalten in den kommenden drei Monaten voraus. Der Umfrage zufolge erwarten die Konsumenten, dass sich die Konjunktur in den kommenden Monaten kräftig erholt, sich ihre persönliche Einkommenssituation wieder spürbar verbessert und sie daher auch wieder mehr Konsumgüter anschaffen wollen. Gleichwohl rechnen sie mit insgesamt steigenden Preisen. (Quelle: Handelsblatt, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

Kreditvergabe an Firmen steigt im Euroraum auf Elf-Jahres-Hoch

Unternehmen im Euro-Raum haben sich angesichts der Corona-Krise im April so kräftig mit Bankkrediten eingedeckt wie seit über elf Jahren nicht mehr. Geldhäuser reichten 6,6 Prozent mehr Darlehen an Firmen aus als ein Jahr zuvor, berichtet die EZB. Im März hatte es bereits ein kräftiges Plus von 5,5 Prozent gegeben. (Quelle: Reuters, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

   

Wirtschaft in Frankreich und Italien bricht ein

Das französische BIP lag im ersten Quartal nach Angaben des Statistikamtes Insee um 5,3 Prozent niedriger als im vierten Quartal 2019. Insbesondere die Ausgaben der privaten Haushalte gingen erheblich zurück, aber auch die Konsumausgaben des Staates fielen. Die Ausfuhren ins Ausland waren ebenfalls stark rückläufig.

Das BIP Italiens ist im ersten Quartal 2020 um 5,3 Prozent niedriger als im vierten Quartal 2019. Die italienische Wirtschaft wurde durch die Corona-Krise besonders hart getroffen, weshalb Ökonomen befürchten, dass der Wachstumseinbruch im zweiten Quartal noch wesentlich heftiger ausfällt, weil die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vor allem in diesem Abschnitt ergriffen wurden. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

 

Wirtschaftspolitik

 

Debatte um milliardenschweres Konjunkturpaket

Heute will die Große Koalition im Bund ein milliardenschweres Corona-Konjunkturpaket auf den Weg bringen. Diskutiert werden unter anderem Hilfen für die Wirtschaft, Kommunen und Familien. In der Großen Koalition zeichnet sich ein Streit über Kaufprämien für Autos ab. Die SPD lehnt Zuschüsse für den Kauf von PKW mit Verbrennungsmotoren strikt ab. Bundeswitschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hingegen auch staatliche Zuschüsse für Diesel und Benziner. Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat sich für eine technologieoffene Prämie ausgesprochen. Wichtig sei aber, dass die Kaufprämie nur für umweltfreundliche Autos gewährt würde.  

Insgesamt fünf Milliarden Euro könnten demnach für Neuwagen-Kaufprämien bereitgestellt werden. Ausgeschlossen sind Autos, die teurer als 77.350 Euro sind. Diskutiert wird aber auch eine Mobilitätsprämie - von der dann auch profitiert, wer ein neues Fahrrad oder eine Bahncard kauft. Auch für andere Branchen, die durch die Coronakrise stark belastet sind, könnte es weitere Milliardenhilfen in Form von Zuschüssen geben. Ginge es nach den Wirtschaftsverbänden, müsste laut der Nachrichtenagentur dpa aber vor allem der Verlustrücktrag ausgeweitet werden. Dadurch könnten die Betriebe Verluste in diesem Jahr stärker als bislang mit Gewinnen aus vorherigen Jahren verrechnen.

Ein weiterer Diskussionspunkt ist eine mögliche Entlastung der Kommunen. Durch fehlende Steuereinnahmen aufgrund der Coronakrise stehen viele Kommunen vor großen finanziellen Problemen. Auch saarländische Kommunen haben Ende Mai bereits einen Hilferuf mit der Forderung nach einem Nothilfeprogramm von Bund und Land abgesendet. Sie schlagen vor, dass einmalig die Altschulden und die erwarteten Gewerbesteuerausfälle übernommen werden sollen. Außerdem müsse es Hilfen für kommunale Unternehmen und Krankenhäuser geben.  

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will neben einem Ausgleich für die betroffenen Kommunen zudem laut dpa auch einen Schuldenschnitt für überschuldete Kommunen durchführen. Dieser Vorschlag stößt hingegen auf viel Kritik – vor allem bei unionsgeführten Ländern wie etwa Bayern. Die Union schlägt stattdessen vor, dass der Bund mehr Ausgaben der Kommunen übernimmt und auf seinen Anteil kommunaler Steuern verzichtet.

Nicht nur Wirtschaft und Kommunen auch Familien könnten von dem geplanten Konjunkturpaket profitieren. Zur Debatte steht ein SPD-Vorschlag nach dem Familien eine Bonuszahlung erhalten sollen. Der Vorschlag sieht eine Zahlung von einmalig 300 Euro pro Kind vor. Dadurch würden zusätzliche Kosten zwischen fünf und sechs Milliarden Euro entstehen. Auf dem Programm stehen darüber hinaus auch weitere Diskussionspunkte wie etwa eine frühere Abschaffung des Solis oder auch der Ausbau von Infrastruktur. (Quelle: sr-online)  

 

Fuest: Nicht Konsum, sondern Wettbewerbsfähigkeit fördern

In der Diskussion um das Konjunkturpaket der Bundesregierung warnt ifo-Präsident Fuest vor Konsumförderung durch Gutscheine und Autokaufprämien. „Konsumgutscheine verursachen vor allem viel Bürokratie. Die Herstellung, Ausgabe und Rücknahme dieser Gutscheine zu organisieren ist ein großer Aufwand. Statt Autokaufprämien zu verteilen, sollten wir eher in intelligente Mautsysteme zur Vermeidung von Staus und in Ladestationen für Elektro-Fahrzeuge investieren“, forderte Fuest, der zugleich für eine vorgezogene Abschaffung des Solidaritätszuschlags, eine deutliche Ausweitung der Verlustverrechnung bei Unternehmen und öffentliche Investitionen in den Bereichen Infrastruktur, Umweltschutz und Digitalisierung plädierte und mahnte, Maßnahmen zur Konjunkturbelebung müssten nachhaltig wirken und langfristig nützlich sein. Auch das geplante europäische Konjunkturprogramm sollte nach den Worten von Fuest auf nachhaltige Wirkung zielen. Er betonte, es gehe um Investitionen, "die dauerhaft Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigern" und warnte: "Wenn die Hilfen in den Konsum fließen, schaffen sie dauerhafte Abhängigkeit. Das wäre der Weg in die dauerhafte Transferunion. Eine solche Entwicklung zu vermeiden ist eine große Herausforderung." Um den Einstieg in eine europäische Schuldenunion zu vermeiden, forderte Fuest, den einmaligen Charakter des geplanten 750-Milliarden-Euro-Pakets und die Tilgung der Schulden möglichst klar festzuhalten. Er warnte aber zugleich: "Man sollte sich keinen Illusionen hingeben. Die Bindungskraft solcher Vereinbarungen ist begrenzt." Fuest sagte in diesem Zusammenhang voraus, es werde in künftigen Krisen neue Forderungen nach schuldenfinanzierten Hilfen der EU geben, "und es wird schwieriger sein, das zurückzuweisen". Das müsse kein Nachteil sein, sofern die EU damit widerstandsfähiger gegen Krisen werde. Die Gefahr sei allerdings groß, dass sich daraus ein dauerhafter Anstieg der Verschuldungsquoten ergebe: "Das würde die Widerstandskraft Europas schwächen." (Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

 

Energiepolitik

 

Regierungskreise: Einigung bei Wasserstoff wieder gescheitert

Die Bundesregierung kommt mit ihrer Wasserstoff-Strategie nicht voran. Ein weiterer Einigungsversuch zwischen den Ministerien scheiterte nach Angaben aus Regierungskreisen am Freitag. Das federführende Wirtschaftsministerium meldete daher anders als ursprünglich geplant die Strategie auch nicht für die Kabinettsbefassung am kommenden Mittwoch an, wie aus einer Mail des Ministeriums an andere Ressorts hervorgeht. Als letzte Chance gelte jetzt eine Runde auf Ministerebene, wobei es fraglich sei, ob diese noch vor Mittwoch zustande kommen könne. Hauptstreitpunkt sei die Frage, wie schnell und auf welche Kapazität die Produktion von Wasserstoff hochgefahren werden soll. Das Wirtschaftsministerium wollte ursprünglich eine Elektrolyse-Leistung von drei bis fünf Gigawatt als Ziel bis 2030 festschreiben. Zudem sollte bei der Produktion des Wasserstoffes zunächst auch Erdgas eine größere Rolle spielen. Unter anderem das Finanz- und das Forschungsministerium wollen aber ehrgeizigere Ziele. Das Umweltministerium will vor allem Wasserstoff, der mithilfe erneuerbarer Energie erzeugt wird. Zudem soll der Einsatz zunächst auf Industrie, Schwerlast- sowie Schiffs- und Flugverkehr konzentriert werden. Hier ist der direkte Einsatz von erneuerbarem Strom kaum möglich. (Quelle: Reuters, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

 

Sozialpolitik

 

Gesundheitsfonds der Krankenkassen droht Defizit bis Jahresende

Die Bundesregierung rechnet im laufenden Jahr wegen der Corona-Krise mit Beitragsmindereinnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung von vier bis fünf Milliarden Euro gegenüber der bisherigen Schätzung, wie aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage im Bundestag hervorgeht. Wegen der Pandemie wurden gleichzeitig aber auch die Ausgaben aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen deutlich um bisher rund fünf Milliarden Euro erhöht, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Damit droht die Liquiditätsreserve des Fonds von derzeit 10,2 Milliarden Euro bis Jahresende aufgebraucht zu werden: Der GKV-Fonds läuft damit auf ein Defizit zu, das der Bund ausgleichen müsste. Auch Beitragssteigerungen sind in Zukunft nicht ausgeschlossen. "Die Bundesregierung ist sich darüber bewusst, dass diese veränderten Rahmenbedingungen die Krankenkassen vor Herausforderungen stellen und zumindest in der Übergangsphase eine Anpassung ihrer Liquiditätsplanung erforderlich ist", räumte das Ministerium ein. (Quelle: Rheinische Post, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

Corona-Massentests kosten bis zu 7,6 Milliarden Euro in diesem Jahr

Die von Gesundheitsminister Spahn angeordneten Corona-Massentests würden in diesem Jahr bis zu 7,6 Milliarden Euro kosten und könnten Beitragssteigerungen um 0,8 Punkte für 73 Millionen gesetzlich Versicherte erfordern, wie aus einer Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes hervorgeht, in der die Kassen die vollständige Kostenübernahme durch den Bund sowie eine deutlich niedrigere Vergütung der Labore fordern. Die von Spahn festgelegten 52,50 Euro pro Test fielen "wesentlich zu hoch" aus. Der Gesundheitsminister hatte am Mittwoch den Entwurf einer Verordnung in die Ressortabstimmung gegeben, der systematische Corona-Tests in Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen vorsieht, um die Epidemie weiter einzudämmen. Laut Entwurf sollen alle Tests zunächst von den gesetzlichen Kassen bezahlt werden. Privat- und Nicht-Versicherte würden nicht einbezogen. In seiner Stellungnahme hat der GKV-Spitzenverband ermittelt, wie teuer eine breite Testung von Menschen ohne Symptome werden würde. Bei wöchentlich 4,5 Millionen Testungen – wenn, wie gewünscht, alle Mitarbeiter der Gesundheitsberufe und alle Krankenhauspatienten systematisch getestet würden – "entstünden für die verbleibenden 32 Wochen Ausgaben von 7,6 Milliarden Euro beziehungsweise von 10,6 Milliarden Euro bis Ende März 2021 (rund 0,8 Beitragspunkte)", schreibt der Verband. Bei einer Million Tests pro Woche entstünden bis Ende des Jahres noch immer Kosten von 1,7 Milliarden Euro. Für die gesamte Geltungsdauer der Verordnung bis Ende März 2021 wären es 2,4 Milliarden Euro. "Dies entspricht einem zusätzlichen Beitragssatzbedarf von rund 0,2 Punkten", heißt es in der Stellungnahme weiter.

(Quelle:  Neue Osnabrücker Zeitung, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

 

Interview

 

Wolf: Für die Maschinen- und Anlagenbauer wird es schlimm

Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender des Automobilzulieferer ElringKlinger, überlegt angesichts von Lieferengpässen, Teile der Produktion zurück nach Deutschland zu holen. Dafür, so fordert Wolf, der auch Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall ist, müssten sich die Löhne von Metallarbeitern aber stärker denen von Altenpflegern annähern.

WiWo:

Wie steht es um den Mittelstand?

Wolf:

Die Lage ist schwierig. Die Märkte weltweit sind eingebrochen. Im April war der Tiefstand, der Mai ist sehr schlecht und der Juni zieht leicht an. Die Ironie ist, dass China, von wo das Virus sich weltweit verbreitet hat, schon wieder auf Hochtouren läuft. Unsere beiden großen Werke dort laufen auf fast 100 Prozent ihrer Kapazität. Autozulieferer sind so unglaublich betroffen, weil die internationalen Lieferketten abgeschnitten sind. Indien ist komplett zu – unser Werk dort steht still. In den USA wollten wir unser Werk im Mai wieder hochfahren, konnten aber nichts machen, weil 40 Prozent der Teile, die wir brauchen, aus Mexiko kommen.  

WiWo:

Dort soll am Montag die Produktion wieder angefahren werden.

Wolf:

Ich kann mir auch vorstellen, dass der Shutdown noch einmal verlängert wird. Das Land hat mehrere tausend neue Coronafälle jeden Tag und kaum die Infrastruktur, der Gesundheitskrise Herr zu werden. Und wenn Mexiko wieder schließt, haben die USA ein Problem.

WiWo:

Könnte man die Produktion kurzfristig verlagern?

Wolf:

Das ist nicht einfach, weil es sich um große Stanzwerkzeuge und Spritzgussgeräte handelt, die kann man nicht zügig verlegen. Dazu kommt, dass wir dann eine neuerliche Freigabe der Autobauer brauchen. Die globale Verflechtung hat zu großen Abhängigkeiten geführt. Das ist auch für die Autohersteller ein Problem.  

WiWo:

Wie sieht es in Deutschland aus?

Wolf:

Unser Plan war, im Juni wieder hochzufahren, aber die Nachfrage nach Autos hierzulande ist bei Null. Solange eine neuerliche Kaufprämie für die Anschaffung von Neuwagen im Raum steht, kauft keiner. Wer will schon eine vergleichsweise hohe Prämie verpassen? Es muss entschieden werden, und zwar möglichst schnell. Unklarheit lähmt alle.

WiWo:

Ist die Autozuliefererbranche nicht schon sehr schwach in diese Krise reingegangen? Investitionen in Innovationen rund um die E-Mobilität wurden verpasst.

Wolf:

Viele haben zu uns gesagt, „Spinnt ihr?“, als wir schon vor 20 Jahren in die Technologie rund um Brennstoffzellen und Batteriemodule investierten. Klimaschutz ist ein wichtiges Element, auch wenn es aktuell in den Hintergrund tritt. Den Weg hin zu neuen Konzepten dürfen wir nicht verlassen. Das Problem ist, dass die neuen Antriebskomponenten beim Konsumenten noch nicht gut genug ankommen. Das Hauptthema für batterieelektrische Fahrzeuge sind Ladestationen. Wir müssen eine neue Infrastruktur hinsichtlich Wasserstoff aufbauen, insbesondere auch für die Brennstoffzelle. Denn die wird wichtig im Nutzfahrzeugbereich und für lange Distanzen.

WiWo:

Wie sieht die Lage aus bei Maschinen- und Anlagenbauern?

Wolf:

Für die kommt die Härte erst noch. Aktuell arbeiten sie alte Aufträge ab, die haben mehrere Monate Nachlauf. Dass jetzt keine Aufträge reinkommen, spüren die erst später. Das wird wahrscheinlich schlimm.

WiWo:

Drohen Entlassungen?

Wolf:

Ich fürchte, dass das in Deutschland ein Thema wird – und zwar quer durch die Branchen, wobei einige sicherlich stärker betroffen sein werden als andere. Schon jetzt ist die Arbeitslosenquote auf 5,8 Prozent angezogen. Bis zum Jahresende steht da sicherlich eine deutlich höhere Zahl.

WiWo:

Die Kurzarbeit hilft also nicht?

Wolf:

Die Kurzarbeit ist auf ein Jahr begrenzt. Kurzarbeit verhindert kurzfristig die Explosion der Arbeitszahlen und bringt mittel- bis langfristig nur etwas, wenn es auch Perspektiven gibt. Ganz ehrlich: Ich erwarte nicht, dass wir das wirtschaftliche Niveau von 2019 vor dem Jahr 2023 wieder erreichen. Die Erholung wird nicht wie ein V verlaufen, wie wir es nach 2008 und 2009 erlebten, als 2010 schon wieder über 2007 lag. Was auch nicht zu unterschätzen ist: Trotz aller politischen Hilfen bleibt die Unsicherheit. Die Öffnungsmaßnahmen sind richtig, aber leider handeln viele verantwortungslos. Ich sorge mich vor einer zweiten noch schlimmeren Welle im zweiten Halbjahr, die zu neuerlichen Schließungen führt.

WiWo:

Wird die Coronakrise dazu führen, dass die Welt sich deglobalisiert?

Wolf:

Die Globalisierung wird nicht abgeschafft, dazu sind wir zu global vernetzt. Aber die Frage nach der Robustheit der Lieferketten stellt sich natürlich. Vielleicht will man in Indien künftig lieber für Kunden in Indien produzieren, nicht für Deutschland. Billig, billig, billig war die Devise. Aber unter dem Strich heute steht eine dicke rote Zahl. Die Einsparungen der vergangenen fünf Jahre im Vergleich zu dem, was die Produktion in Deutschland gekostet hätte, sind längst aufgezehrt durch den Lieferengpass. Da macht es Sinn, sich zu überlegen, wie die Lieferketten in Zukunft aufgebaut sind. Vielleicht kann man die Produktion der Teile, die in Deutschland gebraucht werden, wieder nach Deutschland zurückholen. Das wäre auch gut für die Arbeitsplätze.

WiWo:

Wären die Produktionskosten nicht so viel höher, dass das Inflation auslösen würde?

Wolf:

Hier muss ich als Metall-Arbeitgeberpräsident des Südwestens sprechen. Natürlich muss hier die IG Metall mit ins Boot. Die Arbeitskosten in Deutschland sind so hoch, dass wir neue Wege gehen müssen. Im Durchschnitt verdienen Metallarbeitnehmer in Baden-Württemberg 65.000 Euro im Jahr, die höchsten Tarifentgelte liegen bei mehr als 100.000 Euro.

WiWo:

Sollen die in Zukunft nur noch das verdienen wie ein Arbeiter in China?

Wolf:

Ein besserer Vergleich ist zu einer deutschen Altenpflegerin. Die werden angesichts ihrer lebenswichtigen Aufgaben zu gering bezahlt. Wir brauchen Wege zu einem vernünftigen Diskurs in Deutschland. Dass die Löhne in manchen Bereichen nach oben abgezogen sind, ist für die Gesellschaft ungut. Eine Angleichung ist nötig.

(Quelle: WirtschaftsWoche / Interview: Nele Husmann, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

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VSU-Schlagzeilen, 02.06.2020

Saarland
Neue Coronaregeln im Saarland in Kraft  
Erster Berlin-Flug nach Corona-Stillstand ab Ensheim

Arbeitswelt
Keine telefonische Krankschreibung mehr

Konjunktur
HDE-Konsumbarometer legt zu
Kreditvergabe an Firmen steigt im Euroraum auf Elf-Jahres-Hoch
Wirtschaft in Frankreich und Italien bricht ein

Wirtschaftspolitik
Debatte um milliardenschweres Konjunkturpaket
Fuest: Nicht Konsum, sondern Wettbewerbsfähigkeit fördern
 
Energiepolitik
Regierungskreise: Einigung bei Wasserstoff wieder gescheitert
 
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Gesundheitsfonds der Krankenkassen droht Defizit bis Jahresende
Corona-Massentests kosten bis zu 7,6 Milliarden Euro in diesem Jahr
 
Interview
Wolf: Für die Maschinen- und Anlagenbauer wird es schlimm

 

Saarland

Neue Coronaregeln im Saarland in Kraft  
Im Saarland ist eine neue Rechtsverordnung zur Bekämpfung der Coronapandemie in Kraft getreten. So dürfen sich ab sofort im öffentlichen und privaten Raum bis zu zehn Personen treffen. Hierbei wird ein Mindestabstand von 1,5 Metern empfohlen. Außerdem dürfen Gastronomiebetriebe nun bis 23.00 Uhr öffnen. Für Hotels entfällt die Belegungsobergrenze der Zimmer. Geschäfte können wieder mehr Kunden empfangen. Zudem dürfen Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen wieder von einer Person besucht werden, die nicht zur Familie gehört. (Quelle: sr-online)

Erster Berlin-Flug nach Corona-Stillstand ab Ensheim
Ab heute fliegt die dänische Airline DAT nach der coronabedingten Zwangspause wieder vom Saarbrücker Flughafen nach Berlin. Sie startet mit einem reduzierten Angebot: Montags bis donnerstags startet die DAT-Maschine bereits morgens um 7.30 Uhr nach Berlin. Freitags und sonntags finden die Flüge am frühen Nachmittag um 13.40 Uhr statt. Normalerweise werden drei Flüge pro Tag nach Berlin angeboten. Bei allen Flügen besteht Maskenpflicht für die Passagiere. Die Abstandsregeln müssen auch im Boarding-Bereich und beim Check-in und bei der Sicherheitskontrolle beachtet werden. Zudem führt die Airline zusätzliche Reinigungs- und Hygienemaßnahmen durch. Laut dem Flughafen-Sprecher liegen für den Monat Juni bereits 700 Buchungen für Berlin-Flüge vor. Das seien mehr als erwartet. Die Airline DAT will offenbar flexibel auf die Nachfrage reagieren und das Angebot bei Bedarf schnell ausweiten.
Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) sagte, die Berlin-Verbindung sei für den Wirtschaftsstandort von großer Bedeutung. Es sei im saarländischen Interesse, dass der Flughafen und seine Verbindungen auch nach der Corona-Krise wieder funktionierten.  
Am vergangenen Freitag hatte die Fluggesellschaft Luxair bereits wieder ihre Flüge auf der Strecke Saarbrücken - Hamburg aufgenommen.  Im Juni wird die Strecke viermal wöchentlich und zwar montagmorgens sowie mittwochs, freitags und sonntags am frühen Abend bedient.
Mit zwei Flügen am Tag ist der Flughafen Saarbrücken allerdings nicht ausgelastet. Für die Beschäftigten gilt deshalb weiterhin Kurzarbeit. Wann wieder Ferienflüge ab Saarbrücken stattfinden, steht nach Angaben des Flughafens noch nicht fest. Auf eine Wiederaufnahme von Ferienflügen sei der Airport vorbereitet. (Quelle: sr-online)


Arbeitswelt

Keine telefonische Krankschreibung mehr  
Wer eine Krankschreibung wegen einer Erkältung benötigt, muss wieder zum Arzt. Die Sonderregelung für telefonische Krankschreibungen wegen der Coronakrise ist am Sonntag ausgelaufen. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen zufolge steht das Ende der Sonderregelung im Einklang mit der aktuellen Einschätzung der Gefährdungslage. Diese führte zu Lockerungen in vielen Bereichen. Die befristete Ausnahmeregelung war in den vergangenen Monaten mehrmals verlängert worden, u.a.um Ansteckungsmöglichkeiten zu verringern.  


Konjunktur

HDE-Konsumbarometer legt zu
Das Konsumbarometer des Handelsverbands HDE ist für Juni um fast drei Punkte gestiegen, notiert mit 93,51 Punkten allerdings noch auf dem zweitniedrigsten jemals erreichten Stand. Eine weitere Erholung in den kommenden Monaten scheine jedoch wahrscheinlich, heißt es weiter. Hauptgrund für die aufgehellte Stimmung dürften die Lockerungen der vergangenen Wochen sein, sodass zahlreiche Alltagstätigkeiten nach dem wochenlangen Corona-Lockdown nun wieder möglich sind. Das Konsumbarometer basiert auf einer repräsentativen Verbraucherbefragung und wird monatlich vom Handelsblatt Research Institute (HRI) für den HDE berechnet. Es sagt das Verbraucherverhalten in den kommenden drei Monaten voraus. Der Umfrage zufolge erwarten die Konsumenten, dass sich die Konjunktur in den kommenden Monaten kräftig erholt, sich ihre persönliche Einkommenssituation wieder spürbar verbessert und sie daher auch wieder mehr Konsumgüter anschaffen wollen. Gleichwohl rechnen sie mit insgesamt steigenden Preisen. (Quelle: Handelsblatt, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

Kreditvergabe an Firmen steigt im Euroraum auf Elf-Jahres-Hoch
Unternehmen im Euro-Raum haben sich angesichts der Corona-Krise im April so kräftig mit Bankkrediten eingedeckt wie seit über elf Jahren nicht mehr. Geldhäuser reichten 6,6 Prozent mehr Darlehen an Firmen aus als ein Jahr zuvor, berichtet die EZB. Im März hatte es bereits ein kräftiges Plus von 5,5 Prozent gegeben. (Quelle: Reuters, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
   
Wirtschaft in Frankreich und Italien bricht ein
Das französische BIP lag im ersten Quartal nach Angaben des Statistikamtes Insee um 5,3 Prozent niedriger als im vierten Quartal 2019. Insbesondere die Ausgaben der privaten Haushalte gingen erheblich zurück, aber auch die Konsumausgaben des Staates fielen. Die Ausfuhren ins Ausland waren ebenfalls stark rückläufig.
Das BIP Italiens ist im ersten Quartal 2020 um 5,3 Prozent niedriger als im vierten Quartal 2019. Die italienische Wirtschaft wurde durch die Corona-Krise besonders hart getroffen, weshalb Ökonomen befürchten, dass der Wachstumseinbruch im zweiten Quartal noch wesentlich heftiger ausfällt, weil die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vor allem in diesem Abschnitt ergriffen wurden. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)


Wirtschaftspolitik

Debatte um milliardenschweres Konjunkturpaket
Heute will die Große Koalition im Bund ein milliardenschweres Corona-Konjunkturpaket auf den Weg bringen. Diskutiert werden unter anderem Hilfen für die Wirtschaft, Kommunen und Familien. In der Großen Koalition zeichnet sich ein Streit über Kaufprämien für Autos ab. Die SPD lehnt Zuschüsse für den Kauf von PKW mit Verbrennungsmotoren strikt ab. Bundeswitschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hingegen auch staatliche Zuschüsse für Diesel und Benziner. Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat sich für eine technologieoffene Prämie ausgesprochen. Wichtig sei aber, dass die Kaufprämie nur für umweltfreundliche Autos gewährt würde.  
Insgesamt fünf Milliarden Euro könnten demnach für Neuwagen-Kaufprämien bereitgestellt werden. Ausgeschlossen sind Autos, die teurer als 77.350 Euro sind. Diskutiert wird aber auch eine Mobilitätsprämie - von der dann auch profitiert, wer ein neues Fahrrad oder eine Bahncard kauft. Auch für andere Branchen, die durch die Coronakrise stark belastet sind, könnte es weitere Milliardenhilfen in Form von Zuschüssen geben. Ginge es nach den Wirtschaftsverbänden, müsste laut der Nachrichtenagentur dpa aber vor allem der Verlustrücktrag ausgeweitet werden. Dadurch könnten die Betriebe Verluste in diesem Jahr stärker als bislang mit Gewinnen aus vorherigen Jahren verrechnen.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist eine mögliche Entlastung der Kommunen. Durch fehlende Steuereinnahmen aufgrund der Coronakrise stehen viele Kommunen vor großen finanziellen Problemen. Auch saarländische Kommunen haben Ende Mai bereits einen Hilferuf mit der Forderung nach einem Nothilfeprogramm von Bund und Land abgesendet. Sie schlagen vor, dass einmalig die Altschulden und die erwarteten Gewerbesteuerausfälle übernommen werden sollen. Außerdem müsse es Hilfen für kommunale Unternehmen und Krankenhäuser geben.  
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will neben einem Ausgleich für die betroffenen Kommunen zudem laut dpa auch einen Schuldenschnitt für überschuldete Kommunen durchführen. Dieser Vorschlag stößt hingegen auf viel Kritik – vor allem bei unionsgeführten Ländern wie etwa Bayern. Die Union schlägt stattdessen vor, dass der Bund mehr Ausgaben der Kommunen übernimmt und auf seinen Anteil kommunaler Steuern verzichtet.
Nicht nur Wirtschaft und Kommunen auch Familien könnten von dem geplanten Konjunkturpaket profitieren. Zur Debatte steht ein SPD-Vorschlag nach dem Familien eine Bonuszahlung erhalten sollen. Der Vorschlag sieht eine Zahlung von einmalig 300 Euro pro Kind vor. Dadurch würden zusätzliche Kosten zwischen fünf und sechs Milliarden Euro entstehen. Auf dem Programm stehen darüber hinaus auch weitere Diskussionspunkte wie etwa eine frühere Abschaffung des Solis oder auch der Ausbau von Infrastruktur. (Quelle: sr-online)  

Fuest: Nicht Konsum, sondern Wettbewerbsfähigkeit fördern
In der Diskussion um das Konjunkturpaket der Bundesregierung warnt ifo-Präsident Fuest vor Konsumförderung durch Gutscheine und Autokaufprämien. „Konsumgutscheine verursachen vor allem viel Bürokratie. Die Herstellung, Ausgabe und Rücknahme dieser Gutscheine zu organisieren ist ein großer Aufwand. Statt Autokaufprämien zu verteilen, sollten wir eher in intelligente Mautsysteme zur Vermeidung von Staus und in Ladestationen für Elektro-Fahrzeuge investieren“, forderte Fuest, der zugleich für eine vorgezogene Abschaffung des Solidaritätszuschlags, eine deutliche Ausweitung der Verlustverrechnung bei Unternehmen und öffentliche Investitionen in den Bereichen Infrastruktur, Umweltschutz und Digitalisierung plädierte und mahnte, Maßnahmen zur Konjunkturbelebung müssten nachhaltig wirken und langfristig nützlich sein. Auch das geplante europäische Konjunkturprogramm sollte nach den Worten von Fuest auf nachhaltige Wirkung zielen. Er betonte, es gehe um Investitionen, "die dauerhaft Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigern" und warnte: "Wenn die Hilfen in den Konsum fließen, schaffen sie dauerhafte Abhängigkeit. Das wäre der Weg in die dauerhafte Transferunion. Eine solche Entwicklung zu vermeiden ist eine große Herausforderung." Um den Einstieg in eine europäische Schuldenunion zu vermeiden, forderte Fuest, den einmaligen Charakter des geplanten 750-Milliarden-Euro-Pakets und die Tilgung der Schulden möglichst klar festzuhalten. Er warnte aber zugleich: "Man sollte sich keinen Illusionen hingeben. Die Bindungskraft solcher Vereinbarungen ist begrenzt." Fuest sagte in diesem Zusammenhang voraus, es werde in künftigen Krisen neue Forderungen nach schuldenfinanzierten Hilfen der EU geben, "und es wird schwieriger sein, das zurückzuweisen". Das müsse kein Nachteil sein, sofern die EU damit widerstandsfähiger gegen Krisen werde. Die Gefahr sei allerdings groß, dass sich daraus ein dauerhafter Anstieg der Verschuldungsquoten ergebe: "Das würde die Widerstandskraft Europas schwächen." (Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
 
Energiepolitik
 
Regierungskreise: Einigung bei Wasserstoff wieder gescheitert
Die Bundesregierung kommt mit ihrer Wasserstoff-Strategie nicht voran. Ein weiterer Einigungsversuch zwischen den Ministerien scheiterte nach Angaben aus Regierungskreisen am Freitag. Das federführende Wirtschaftsministerium meldete daher anders als ursprünglich geplant die Strategie auch nicht für die Kabinettsbefassung am kommenden Mittwoch an, wie aus einer Mail des Ministeriums an andere Ressorts hervorgeht. Als letzte Chance gelte jetzt eine Runde auf Ministerebene, wobei es fraglich sei, ob diese noch vor Mittwoch zustande kommen könne. Hauptstreitpunkt sei die Frage, wie schnell und auf welche Kapazität die Produktion von Wasserstoff hochgefahren werden soll. Das Wirtschaftsministerium wollte ursprünglich eine Elektrolyse-Leistung von drei bis fünf Gigawatt als Ziel bis 2030 festschreiben. Zudem sollte bei der Produktion des Wasserstoffes zunächst auch Erdgas eine größere Rolle spielen. Unter anderem das Finanz- und das Forschungsministerium wollen aber ehrgeizigere Ziele. Das Umweltministerium will vor allem Wasserstoff, der mithilfe erneuerbarer Energie erzeugt wird. Zudem soll der Einsatz zunächst auf Industrie, Schwerlast- sowie Schiffs- und Flugverkehr konzentriert werden. Hier ist der direkte Einsatz von erneuerbarem Strom kaum möglich. (Quelle: Reuters, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
 
Sozialpolitik
 
Gesundheitsfonds der Krankenkassen droht Defizit bis Jahresende
Die Bundesregierung rechnet im laufenden Jahr wegen der Corona-Krise mit Beitragsmindereinnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung von vier bis fünf Milliarden Euro gegenüber der bisherigen Schätzung, wie aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage im Bundestag hervorgeht. Wegen der Pandemie wurden gleichzeitig aber auch die Ausgaben aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen deutlich um bisher rund fünf Milliarden Euro erhöht, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Damit droht die Liquiditätsreserve des Fonds von derzeit 10,2 Milliarden Euro bis Jahresende aufgebraucht zu werden: Der GKV-Fonds läuft damit auf ein Defizit zu, das der Bund ausgleichen müsste. Auch Beitragssteigerungen sind in Zukunft nicht ausgeschlossen. "Die Bundesregierung ist sich darüber bewusst, dass diese veränderten Rahmenbedingungen die Krankenkassen vor Herausforderungen stellen und zumindest in der Übergangsphase eine Anpassung ihrer Liquiditätsplanung erforderlich ist", räumte das Ministerium ein. (Quelle: Rheinische Post, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
Corona-Massentests kosten bis zu 7,6 Milliarden Euro in diesem Jahr
Die von Gesundheitsminister Spahn angeordneten Corona-Massentests würden in diesem Jahr bis zu 7,6 Milliarden Euro kosten und könnten Beitragssteigerungen um 0,8 Punkte für 73 Millionen gesetzlich Versicherte erfordern, wie aus einer Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes hervorgeht, in der die Kassen die vollständige Kostenübernahme durch den Bund sowie eine deutlich niedrigere Vergütung der Labore fordern. Die von Spahn festgelegten 52,50 Euro pro Test fielen "wesentlich zu hoch" aus. Der Gesundheitsminister hatte am Mittwoch den Entwurf einer Verordnung in die Ressortabstimmung gegeben, der systematische Corona-Tests in Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen vorsieht, um die Epidemie weiter einzudämmen. Laut Entwurf sollen alle Tests zunächst von den gesetzlichen Kassen bezahlt werden. Privat- und Nicht-Versicherte würden nicht einbezogen. In seiner Stellungnahme hat der GKV-Spitzenverband ermittelt, wie teuer eine breite Testung von Menschen ohne Symptome werden würde. Bei wöchentlich 4,5 Millionen Testungen – wenn, wie gewünscht, alle Mitarbeiter der Gesundheitsberufe und alle Krankenhauspatienten systematisch getestet würden – "entstünden für die verbleibenden 32 Wochen Ausgaben von 7,6 Milliarden Euro beziehungsweise von 10,6 Milliarden Euro bis Ende März 2021 (rund 0,8 Beitragspunkte)", schreibt der Verband. Bei einer Million Tests pro Woche entstünden bis Ende des Jahres noch immer Kosten von 1,7 Milliarden Euro. Für die gesamte Geltungsdauer der Verordnung bis Ende März 2021 wären es 2,4 Milliarden Euro. "Dies entspricht einem zusätzlichen Beitragssatzbedarf von rund 0,2 Punkten", heißt es in der Stellungnahme weiter.
(Quelle:  Neue Osnabrücker Zeitung, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 
Interview
 
Wolf: Für die Maschinen- und Anlagenbauer wird es schlimm
Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender des Automobilzulieferer ElringKlinger, überlegt angesichts von Lieferengpässen, Teile der Produktion zurück nach Deutschland zu holen. Dafür, so fordert Wolf, der auch Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall ist, müssten sich die Löhne von Metallarbeitern aber stärker denen von Altenpflegern annähern.
WiWo:
Wie steht es um den Mittelstand?
Wolf:
Die Lage ist schwierig. Die Märkte weltweit sind eingebrochen. Im April war der Tiefstand, der Mai ist sehr schlecht und der Juni zieht leicht an. Die Ironie ist, dass China, von wo das Virus sich weltweit verbreitet hat, schon wieder auf Hochtouren läuft. Unsere beiden großen Werke dort laufen auf fast 100 Prozent ihrer Kapazität. Autozulieferer sind so unglaublich betroffen, weil die internationalen Lieferketten abgeschnitten sind. Indien ist komplett zu – unser Werk dort steht still. In den USA wollten wir unser Werk im Mai wieder hochfahren, konnten aber nichts machen, weil 40 Prozent der Teile, die wir brauchen, aus Mexiko kommen.  
WiWo:
Dort soll am Montag die Produktion wieder angefahren werden.
Wolf:
Ich kann mir auch vorstellen, dass der Shutdown noch einmal verlängert wird. Das Land hat mehrere tausend neue Coronafälle jeden Tag und kaum die Infrastruktur, der Gesundheitskrise Herr zu werden. Und wenn Mexiko wieder schließt, haben die USA ein Problem.
WiWo:
Könnte man die Produktion kurzfristig verlagern?
Wolf:
Das ist nicht einfach, weil es sich um große Stanzwerkzeuge und Spritzgussgeräte handelt, die kann man nicht zügig verlegen. Dazu kommt, dass wir dann eine neuerliche Freigabe der Autobauer brauchen. Die globale Verflechtung hat zu großen Abhängigkeiten geführt. Das ist auch für die Autohersteller ein Problem.  
WiWo:
Wie sieht es in Deutschland aus?
Wolf:
Unser Plan war, im Juni wieder hochzufahren, aber die Nachfrage nach Autos hierzulande ist bei Null. Solange eine neuerliche Kaufprämie für die Anschaffung von Neuwagen im Raum steht, kauft keiner. Wer will schon eine vergleichsweise hohe Prämie verpassen? Es muss entschieden werden, und zwar möglichst schnell. Unklarheit lähmt alle.
WiWo:
Ist die Autozuliefererbranche nicht schon sehr schwach in diese Krise reingegangen? Investitionen in Innovationen rund um die E-Mobilität wurden verpasst.
Wolf:
Viele haben zu uns gesagt, „Spinnt ihr?“, als wir schon vor 20 Jahren in die Technologie rund um Brennstoffzellen und Batteriemodule investierten. Klimaschutz ist ein wichtiges Element, auch wenn es aktuell in den Hintergrund tritt. Den Weg hin zu neuen Konzepten dürfen wir nicht verlassen. Das Problem ist, dass die neuen Antriebskomponenten beim Konsumenten noch nicht gut genug ankommen. Das Hauptthema für batterieelektrische Fahrzeuge sind Ladestationen. Wir müssen eine neue Infrastruktur hinsichtlich Wasserstoff aufbauen, insbesondere auch für die Brennstoffzelle. Denn die wird wichtig im Nutzfahrzeugbereich und für lange Distanzen.
WiWo:
Wie sieht die Lage aus bei Maschinen- und Anlagenbauern?
Wolf:
Für die kommt die Härte erst noch. Aktuell arbeiten sie alte Aufträge ab, die haben mehrere Monate Nachlauf. Dass jetzt keine Aufträge reinkommen, spüren die erst später. Das wird wahrscheinlich schlimm.
WiWo:
Drohen Entlassungen?
Wolf:
Ich fürchte, dass das in Deutschland ein Thema wird – und zwar quer durch die Branchen, wobei einige sicherlich stärker betroffen sein werden als andere. Schon jetzt ist die Arbeitslosenquote auf 5,8 Prozent angezogen. Bis zum Jahresende steht da sicherlich eine deutlich höhere Zahl.
WiWo:
Die Kurzarbeit hilft also nicht?
Wolf:
Die Kurzarbeit ist auf ein Jahr begrenzt. Kurzarbeit verhindert kurzfristig die Explosion der Arbeitszahlen und bringt mittel- bis langfristig nur etwas, wenn es auch Perspektiven gibt. Ganz ehrlich: Ich erwarte nicht, dass wir das wirtschaftliche Niveau von 2019 vor dem Jahr 2023 wieder erreichen. Die Erholung wird nicht wie ein V verlaufen, wie wir es nach 2008 und 2009 erlebten, als 2010 schon wieder über 2007 lag. Was auch nicht zu unterschätzen ist: Trotz aller politischen Hilfen bleibt die Unsicherheit. Die Öffnungsmaßnahmen sind richtig, aber leider handeln viele verantwortungslos. Ich sorge mich vor einer zweiten noch schlimmeren Welle im zweiten Halbjahr, die zu neuerlichen Schließungen führt.
WiWo:
Wird die Coronakrise dazu führen, dass die Welt sich deglobalisiert?
Wolf:
Die Globalisierung wird nicht abgeschafft, dazu sind wir zu global vernetzt. Aber die Frage nach der Robustheit der Lieferketten stellt sich natürlich. Vielleicht will man in Indien künftig lieber für Kunden in Indien produzieren, nicht für Deutschland. Billig, billig, billig war die Devise. Aber unter dem Strich heute steht eine dicke rote Zahl. Die Einsparungen der vergangenen fünf Jahre im Vergleich zu dem, was die Produktion in Deutschland gekostet hätte, sind längst aufgezehrt durch den Lieferengpass. Da macht es Sinn, sich zu überlegen, wie die Lieferketten in Zukunft aufgebaut sind. Vielleicht kann man die Produktion der Teile, die in Deutschland gebraucht werden, wieder nach Deutschland zurückholen. Das wäre auch gut für die Arbeitsplätze.
WiWo:
Wären die Produktionskosten nicht so viel höher, dass das Inflation auslösen würde?
Wolf:
Hier muss ich als Metall-Arbeitgeberpräsident des Südwestens sprechen. Natürlich muss hier die IG Metall mit ins Boot. Die Arbeitskosten in Deutschland sind so hoch, dass wir neue Wege gehen müssen. Im Durchschnitt verdienen Metallarbeitnehmer in Baden-Württemberg 65.000 Euro im Jahr, die höchsten Tarifentgelte liegen bei mehr als 100.000 Euro.
WiWo:
Sollen die in Zukunft nur noch das verdienen wie ein Arbeiter in China?
Wolf:
Ein besserer Vergleich ist zu einer deutschen Altenpflegerin. Die werden angesichts ihrer lebenswichtigen Aufgaben zu gering bezahlt. Wir brauchen Wege zu einem vernünftigen Diskurs in Deutschland. Dass die Löhne in manchen Bereichen nach oben abgezogen sind, ist für die Gesellschaft ungut. Eine Angleichung ist nötig.
(Quelle: WirtschaftsWoche / Interview: Nele Husmann, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 

 

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