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VSU-Schlagzeilen 25.01.2024

Zahl der Erwerbstätigen im Saarland bleibt stabil / Tarifexperte Lesch: Risiken für GDL wachsen bei neuerlichem Streik / Chancen-Aufenthalt: Mehr als 50.000 Aufenthaltserlaubnisse erteilt / Musk: Nur Handelsschranken bremsen Siegeszug chinesischer Autobauer / Wolf: „Ein Kanzler muss führen, das lässt Scholz vermissen“

 

Saarland/Region
Zahl der Erwerbstätigen im Saarland bleibt stabil
CDU fordert Landesregierung zu konsistenter Wirtschaftspolitik auf
Oskar Lafontaine schließt sich Partei seiner Frau an

Tarifpolitik
Tarifexperte Lesch: Risiken für GDL wachsen bei neuerlichem Streik
Bahnbeauftragter warnt GDL vor „Spiel mit dem Feuer“

Arbeitswelt
Chancen-Aufenthalt: Mehr als 50.000 Aufenthaltserlaubnisse erteilt

Konjunktur
Digitalisierung hat Konjunktur-Einbruch durch Corona abgefedert
USA: Unternehmensstimmung steigt auf höchsten Wert seit Sommer

Handel
Musk: Nur Handelsschranken bremsen Siegeszug chinesischer Autobauer

Bildung
Bildungsforscher: Lehrkräftemangel an Grundschulen bald überwunden

Interview
Wolf: „Ein Kanzler muss führen, das lässt Scholz vermissen“

 

Saarland/Region

Zahl der Erwerbstätigen im Saarland bleibt stabil
Das Statistische Landesamt hat für das vergangene Jahr 523.700 Erwerbstätige im Saarland gezählt. Damit blieb die Zahl der Arbeitskräfte gegenüber dem vorjährigen Niveau nahezu unverändert, so das Statistische Landesamt Saarland. Nach ersten Berechnungen des Arbeitskreises „Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder“ stieg die Zahl der Erwerbstätigen deutschlandweit um 0,7 Prozent auf 45,9 Mio. an. In der Gliederung nach Wirtschaftsbereichen verzeichneten die Dienstleistungsbereiche insgesamt eine leichte Zunahme um 0,1 Prozent auf 393.600 Erwerbstätige. Innerhalb des Produzierenden Gewerbes gab es geringfügige Abweichungen gegenüber dem Vorjahr bei insgesamt unverändertem Zahl an Erwerbstätigen in Höhe von 128.000. Quelle: Statistisches Amt)

 

CDU fordert Landesregierung zu konsistenter Wirtschaftspolitik auf
Die CDU-Fraktion im Saar-Landtag hat die Regierung zu einer konsistenteren Wirtschaftspolitik aufgefordert. Der Beauftragte für Industriepolitik der CDU-Landtagsfraktion Saar, Marc Speicher, sagte, es gebe vor allem Ungewissheit. Von der langen Wartezeit auf einen Förderbescheid für die saarländische Stahlindustrie bis zum Anschluss an das Wasserstoffnetz. „Die Ministerpräsidentin und der Wirtschaftsminister sind in zentralen wirtschaftspolitischen Fragestellungen unterschiedlicher Auffassung. Das muss die Landesregierung dringend abstellen. So vertritt der Wirtschaftsminister etwa in Plenardebatten die Auffassung, dass die Energiepreise auf ‚Jahrzehnte‘ und ‚Generationen‘ so hoch bleiben, dass rein betriebswirtschaftlich keine Stahlproduktion an der Saar möglich sei. Die Ministerpräsidentin widerspricht ihrem zuständigen Minister und meint, dass die Energiepreise perspektivisch kein Problem darstellten und es keiner Dauersubventionen bedürfe.“ (Quelle: CDU Saar)

 

Oskar Lafontaine schließt sich Partei seiner Frau an
Der ehemalige saarländische Ministerpräsident und Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine hat knapp zwei Jahre nach seinem Austritt aus der Linken eine neue parteipolitische Heimat gefunden. Der 80-Jährige hat sich dem am 8. Januar als Partei gegründeten „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ seiner Ehefrau angeschlossen. „Selbstverständlich bin ich Mitglied des BSW“, schrieb er auf eine Anfrage der „Saarbrücker Zeitung“. Lafontaine hatte im März 2022 die Linkspartei verlassen, die er nach seinem Austritt aus der SPD im Jahr 2005 aufgebaut und von 2007 bis 2010 als Bundesvorsitzender geführt hatte. Diesen Schritt begründete er damals wesentlich damit, dass die Linke den Grünen immer ähnlicher geworden sei. Dass er noch einmal ein politisches Amt übernimmt, hatte Lafontaine bereits bei seinem Karriere-Ende im Zuge der Landtagswahl 2022 ausgeschlossen. Er dürfte aber einer der wichtigsten Ratgeber seiner Frau sein. (Quelle: Saarbrücker Zeitung)

 

Tarifpolitik

Tarifexperte Lesch: Risiken für GDL wachsen bei neuerlichem Streik
Mit ihrem harten Streik bei der Bahn steuert die Gewerkschaft GDL nach Einschätzung des Tarifexperten Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) einen zunehmend riskanten Kurs. „Nach diesem Streik muss man unbedingt wieder miteinander sprechen, am besten unter der Anleitung eines unabhängigen Moderators“, sagte Lesch. Die GDL müsse vermeiden, dass sich die öffentliche Meinung gegen die Lokführer wendet. Dies sei ein wichtiger Einflussfaktor, wenn es darum gehe, die eigenen Mitglieder bei der Stange zu halten. „Eine weitere Streikrunde ohne vorherige Verhandlungen könnte ein mediales Desaster für die GDL werden. Das könnte auch ein Kipppunkt für die Streikbereitschaft der Mitglieder werden“, meinte Lesch. Mit schärferer öffentlicher Kritik stehe perspektivisch auch die finanzielle Unterstützung der GDL beim Streikgeld durch den Deutschen Beamtenbund in Frage. Dessen Verantwortliche hätten die GDL bereits im Bahn-Tarifkonflikt 2015 zu einer Schlichtung gedrängt. Ein Problem seien die verhärteten Fronten, so Lesch. So lehne es die Bahn nach Angaben der GDL ab, einen Tarifvertrag bei der Instandhaltung mit der GDL auszuhandeln. Die GDL macht dies wiederum zur Vorbedingung neuer Verhandlungen, schildert Lesch. Unter Anleitung eines Moderators bestehe die Chance, derartige Konfrontationslinien erst einmal nach hinten zu stellen und zunächst Dinge auf die Agenda zu setzen, bei denen sich eine Einigung einfacher erzielen lässt. Dies sei notwendig, um überhaupt wieder in Gespräche zu kommen. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

Bahnbeauftragter warnt GDL vor „Spiel mit dem Feuer“
Der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer, hat vor Folgen des GDL-Bahnstreiks für die Verkehrswende gewarnt. „Mit ständig neuen und immer längeren Streiks büßt der klimafreundliche Verkehrsträger Schiene zunehmend an Attraktivität ein“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. „Jeder, der bisher überlegt hat, vom Auto auf die Bahn umzusteigen, hat nun ein weiteres Gegenargument“, fügte er hinzu. „Das ist ein Spiel mit dem Feuer.“ Theurer forderte die Lokführergewerkschaft und den bundeseigenen Bahnkonzern zu Verhandlungen auf. „Ich erwarte daher von den Tarifpartnern ein Zugehen aufeinander, möglicherweise unterstützt durch ein Schlichtungsverfahren zwischen der GDL und der Deutschen Bahn. Es muss eine Lösung am Verhandlungstisch gefunden werden", sagte der FDP-Politiker. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

Arbeitswelt

Chancen-Aufenthalt: Mehr als 50.000 Aufenthaltserlaubnisse erteilt
Über das vor gut einem Jahr eingeführte Chancen-Aufenthaltsrecht haben inzwischen knapp 54.000 Menschen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, die ihnen einen Weg hin zu einem langfristigen Bleiberecht eröffnet. Das zeigen die Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage des Mediendienstes Integration. Menschen, die sich zum Stichtag 1. Oktober 2022 mindestens fünf Jahre geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufgehalten haben, können gemeinsam mit ihren Angehörigen für 18 Monate eine Art Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten. Gemessen an der Gesamtzahl der Geduldeten, seien besonders viele Anträge in Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt gestellt worden. Am Ende der 18 Monate soll ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen, wer überwiegend selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommt, ausreichende Deutschkenntnisse und eine geklärte Identität vorweisen kann, beziehungsweise "alle für die Identitätsklärung erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat". (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

Konjunktur

Digitalisierung hat Konjunktur-Einbruch durch Corona abgefedert
Die wirtschaftlichen Schäden in Deutschland durch die Folgen der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 konnten durch die zunehmende Digitalisierung in signifikantem Umfang gemindert werden. Laut einer Studie des Vodafone Instituts und des Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos haben Online-Handel, Home-Office und andere Digitalisierungsmaßnahmen zusammen in einem ähnlichen Umfang wie Staatshilfen dazu beigetragen, einen Komplettabsturz der deutschen Wirtschaft zu verhindern. Die Studie beruft sich bei der Höhe der volkswirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie auf Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), wonach die Wertschöpfung in Deutschland in den Jahren 2020 bis 2022 ohne Corona um insgesamt 420 Milliarden Euro höher ausgefallen wäre. Das Vodafone Institut und Prognos haben wiederum berechnet, dass das Bruttoinlandsprodukt ohne die Digitalisierungseffekte in diesem Zeitraum um rund 130 Milliarden Euro geringer ausgefallen wäre. „Damit trug die Digitalisierung genauso stark zur Abmilderung der Corona-Folgen bei wie die Wirtschaftshilfen des Bundes“, erklärte das Vodafone Institut. Die staatlichen Hilfen für Unternehmen in Form von Zuschüssen, Krediten, Rekapitalisierungen und Bürgschaften hätten ebenfalls bei insgesamt 130 Milliarden Euro gelegen. Die Forscher haben bei ihren Berechnungen unter anderen die Entwicklungen in verschiedenen Branchen verglichen, die in einem unterschiedlichen Umfang digitalisiert sind. Allein in der Branche Informations- und Kommunikationstechnologie habe die Digitalisierung in den beiden Jahren Umsatzeinbußen in Höhe von 15 Milliarden Euro vermieden. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

USA: Unternehmensstimmung steigt auf höchsten Wert seit Sommer
Die Stimmung in Unternehmen in den USA hat sich zu Beginn des Jahres überraschend stark aufgehellt und den höchsten Wert seit über einem halben Jahr erreicht. Der von S&P Global erhobene Einkaufsmanagerindex stieg zum Vormonat um 1,4 Punkte auf 52,3 Zähler. Sowohl im Bereich Dienstleistungen als auch in den Industrieunternehmen hellte sich die Stimmung auf. Der Indikator für die gesamte Wirtschaft steigt damit weiter über die Expansionsschwelle von 50 Punkten und erreicht den höchsten Wert seit sieben Monaten. Chefvolkswirt Chris Williamson von S&P Global sprach von einem „ermutigendem Jahresauftakt“ für die US-Wirtschaft. Die befragten Unternehmen hätten von einer deutlichen Beschleunigung des Wachstums der Geschäfte berichtet. Sie hätten demnach von einem deutlichen Rückgang der Inflation profitiert. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

Handel

Musk: Nur Handelsschranken bremsen Siegeszug chinesischer Autobauer
Chinesische Autohersteller sind nach Einschätzung von Tesla-Chef Elon Musk so stark, dass der Großteil der Branche ohne Handelsbarrieren keine Chance gegen sie hätte. „Sie sind extrem gut“, sagte Musk. „Wenn es keine Handelsschranken gibt, werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören“, prognostizierte der Tech-Milliardär. Tesla war im vergangenen Jahr mit 1,81 Millionen weltweit ausgelieferten Fahrzeugen der größte Anbieter von Elektroautos. Doch im Schlussquartal wurde der US-Konzern vom chinesischen Konkurrenten BYD überholt. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass BYD auf lange Sicht mehr Elektrofahrzeuge als Tesla verkaufen wird. In den USA hält ein Einfuhrzoll von 25 Prozent chinesische Autobauer vom Markt fern. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

 

Bildung

Bildungsforscher: Lehrkräftemangel an Grundschulen bald überwunden
Der Mangel an Grundschullehrern ist einer Schätzung von Bildungsexperten zufolge schon ab dem kommenden Schuljahr vielerorts überwunden. Weil zuletzt wieder weniger Kinder geboren wurden als bis 2021, geht eine Prognose der Bertelsmann Stiftung von einem zunehmenden Überschuss an Lehrern im Primarbereich in den kommenden Jahren aus. Bis 2035 stehen demnach zusammengenommen sogar rund 45.800 fertig ausgebildete Lehrkräfte im Primarbereich mehr zur Verfügung als gebraucht werden, um den Unterricht abzudecken. Mit ihrer Schätzung weicht die Bertelsmann Stiftung deutlich von der Ende 2023 vorgelegten Prognose der Kulturministerkonferenz (KMK) ab, die für das Jahr 2035 einen Überschuss von nur 6.300 Absolventen im Primarbereich ermittelt hatte. Hintergrund sei vor allem eine Trendwende bei der demografischen Entwicklung, so sich in den KMK-Berechnungen noch nicht niederschlage. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)

Interview

Stefan Wolf:„Ein Kanzler muss führen, das lässt Scholz vermissen“
Interview mit dem Gesamtmetall-Präsidenten im Handelsblatt


Herr Wolf, die Ampel-Regierung ist in der Wählergunst abgestürzt. Woran liegt es?
Die Menschen fühlen sich mit ihren Ängsten und Problemen nicht mehr wahrgenommen, sie vermissen Antworten auf Probleme wie die ungebremste Migration, die Wirtschaftskrise oder die hohe Inflation. Das führt zu Abstiegs- und Existenzängsten.
 

Und die Regierung …
… beschäftigt sich extrem stark mit sich selbst, weil die SPD mehr Soziales will, die Grünen wollen mehr Vorschriften und alles reglementieren und die FDP will keine Steuererhöhungen. Da ist es doch klar, dass es kracht und knirscht. Und viele Menschen erkennen, dass es in dieser Bundesregierung keine Führung gibt. Ein Kanzler muss führen, und das lässt Herr Scholz komplett vermissen. Deshalb sagen viele, ich werde jetzt Protestwähler.
 

Die AfD liegt in Umfragen bei über 20 Prozent, im Osten bei über 30 Prozent. Alles nur Protest?
Die Umfrageergebnisse der AfD sind nicht echt. Viele, die jetzt sagen, die Partei wählen zu wollen, stehen nicht hinter den Inhalten. Sie sagen, denen da oben, den zeigen wir es jetzt mal. Aber das ist natürlich keine Entwarnung: Die Probleme müssen glaubwürdig angegangen werden, sonst besteht die Gefahr, dass aus Umfrage- auch Wahlergebnisse werden.

Müsste nicht auch die Wirtschaft lautstärker ihre Stimme erheben?
Wir grenzen uns klar ab. Und es gab auch klare Aussagen von Wirtschaftsführern, dass es in den Betrieben keinen Raum für Rassismus und Rechtsextremismus geben darf.
 

Warum wenden sich die Menschen nicht der Union zu, wenn Sie der Ampel ihren Protest zeigen wollen?
Das passiert ja, die Unionsparteien liegen in den Umfragen bei über 30 Prozent. Aber die Union hat ja viele Probleme mit verursacht, als sie in der Regierungsverantwortung war. Und viele denken offenbar, dass ihr Protest nachhaltiger ist, wenn sie ihn über die AfD ausdrücken als über die etablierten Parteien. Was mich erschreckt ist, dass vor drei oder vier Jahren viele Leute vielleicht so gedacht haben wie die AfD. Aber heute sprechen sie es auch offen aus.
 

Die Hemmschwelle ist deutlich gesunken?
Ja, und das ist eine große Gefahr. Auch da ist wieder Führung durch den Kanzler gefragt. Die Regierung muss die Themen, die die Menschen bewegen und die die AfD besetzt, politisch angehen und die Probleme lösen, sonst gewinnt die AfD die Wahlen.
 

Glauben Sie, dass die Regierung bis zur Bundestagswahl 2025 durchhält?
Ich glaube, dass sie durchhält. Denn wenn man nach den Umfragen geht, würde bei Neuwahlen jeder dritte SPD-Abgeordnete sein Mandat verlieren, jeder zweite Grünen-Abgeordnete und bei der FDP möglicherweise alle. Trotzdem: Ein Weiter so wäre eine Katastrophe für die Wirtschaft, weil so viele Investitionsentscheidungen anstehen, die derzeit nicht getroffen werden. Wenn sich die Rahmenbedingungen etwa beim Thema Bürokratie oder Energiepreise nicht ganz schnell ändern, werden die Investitionen anderswo getätigt.
 

Glauben Sie denn, dass es der Wirtschaft mit der Union besser ginge?
Die Ampel wurde bei Amtsantritt ja durchaus begrüßt, weil in der Großen Koalition vieles liegengeblieben ist, was den Standort bis heute belastet. Eine CDU-geführte Bundesregierung wäre heute eine ganz andere als unter Angela Merkel. Das hat auch mit der neuen, jungen Führungsriege zu tun, nehmen Sie Carsten Linnemann, Hendrik Wüst oder Daniel Günther. Die haben eine andere Denke als die Merkel-CDU und sind zupackender.

Sie haben CDU-Chef Friedrich Merz gar nicht erwähnt.
Weil eine Partei nicht nur aus dem Vorsitzenden besteht. Merz hat gute Ansätze, ist zupackend und würde sich als Kanzler sicher auch gut schlagen.

Mit wem sollte Merz regieren?
Wahrscheinlich bleibt ihm am Ende nur Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün. Deshalb müssen wir klarmachen, dass das liberale Element ein wichtiges ist im Parteienspektrum. Die FDP hat in vielen Dingen klare Vorstellungen gezeigt. Sie lehnt die Lieferkettenrichtlinie auf europäischer Ebene ab, will dem Verbrennungsmotor durch E-Fuels eine Zukunftschance geben oder Ausländern nur dann einen deutschen Pass gewähren, wenn sie nachhaltig für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Da hat die liberale Handschrift gutgetan.

Anfangs hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck viel Lob von der deutschen Wirtschaft erhalten. Wie sieht es heute aus?
Er gab am Anfang gute Ansätze und auch einen guten Austausch. Aber mein Gefühl heute ist, dass sich im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 95 Prozent der Leute um den Klimaschutz kümmern und nur fünf Prozent um die Wirtschaft. Ohne florierende Wirtschaft und den daraus resultierenden Steuereinnahmen funktionieren der Staat und auch der Klimaschutz nicht.

Habeck macht jetzt offenbar Arbeitsminister Hubertus Heil Konkurrenz, weil er sich jetzt auch offensiv für ein Recht auf Homeoffice einsetzt …
Da kann ich nur raten: Lasst das die Unternehmen selbst entscheiden, die meisten bieten längst flexible Modelle an. Beschäftigte in der Produktion hätten von einem Recht auf Homeoffice gar nichts, es würde also die Spaltung in den Betrieben vertiefen. Sie können der Stanzerin nicht die Presse für zwei Millionen Euro in den Garten stellen, damit sie Homeoffice machen kann. Die Debatte ist doch seit Corona erledigt.

Vertrauen Sie noch dem Versprechen der Grünen, dass die grüne Transformation gut für das Klima und den Standort ist?
Klimaschutz kann weltweit nur gelingen, wenn China, Indien und die USA, die für 65 Prozent des Ausstoßes stehen, massiv CO2 einsparen. Wenn in China jedes zweite Fahrzeug elektrisch fährt, haben wir mehr erreicht, als wenn wir in Deutschland unseren Anteil am globalen CO2-Ausstoß von zwei Prozent auf 1,8 Prozent reduzieren. Deshalb sollten wir uns bemühen, Weltmarktführer bei Klimatechnologien zu werden, so wie wir es heute beim
Verbrennungsmotor sind. Dabei sind Innovationen immens wichtig. Aber wenn die Kosten immer weiter steigen, bleibt weniger Geld für Investitionen in Klimaschutztechnologien.

Nun will die Regierung ausgerechnet bei der Förderung der Batteriezellforschung kürzen. Was sagen Sie dazu?
Das halte ich für einen Riesenfehler und ganz kurzsichtige Industriepolitik. Denn jetzt auf Basis der bestehenden Technologie in die Batteriezellfertigung einzusteigen, wäre verrückt. Das ist schon beim Thema Solar kräftig in die Hose gegangen. Wenn, dann müssen wir eine nächste Generation von Batteriezellen entwickeln, bei der wir dann technisch führend sind. Nur dann macht auch eine Fertigung in Deutschland oder Europa Sinn.

Namhafte Unternehmen wie Bayer oder ZF haben Entlassungen angekündigt. Sind das Einzelfälle oder deutet sich da ein Trend an?
Das kann zu einem Trend werden, weil sich die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert haben. Wir sind wieder an einem Punkt wie damals, als Gerhard Schröder die Agenda 2010 eigeführt hat.
 

Aber wir haben heute keine fünf Millionen Arbeitslose …
Das liegt daran, dass das mit dem beginnenden Renteneintritt der Babyboomer zusammenfällt. Damals war der Handlungsdruck durch die vielen Arbeitslosen sichtbarer, aber er ist auch heute vorhanden – nur nicht so sichtbar, was vielleicht noch gefährlicher ist. Der private Konsum geht zurück, weil die Menschen ihr Geld zusammenhalten, der Welthandel läuft an Deutschland vorbei und die Investitionen sinken. Woher soll das Wachstum denn kommen?

Müssen wir die Schuldenbremse lösen, um durch staatliche Investitionen bessere Rahmenbedingungen zu schaffen?
2002 hatten wir Steuereinnahmen von ungefähr 450 Milliarden Euro, für dieses Jahr rechnen die Steuerschätzer mit 964 Milliarden. Das Volumen hat sich verdoppelt, und trotzdem reicht es nicht. Es gibt aber ganz viele Bereiche, wo wir einsparen könnten, etwa im Sozialbereich. Und wenn ich Kanzler wäre, würde ich bei den aufgeblähten Ministerien und Behörden anfangen. In einem Unternehmen würden Sie in einer solchen Situation einen Einstellungsstopp verfügen. Aber da müssen Sie führen – und damit sind wir wieder beim Ausgangsthema. (Quelle: Handelsblatt, M+E-Newsletter Gesamtmetall)