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VSU-Schlagzeilen 29.03.2021

VSU: Kein Freifahrtschein für Kommunen / Saarländische Wirtschaft lehnt Testpflicht für Unternehmen ab / Tarifeinigung beim Stahl: Gewerkschaft sieht Reallohnsteigerung / Arbeitgeberpräsident Dulger kritisiert schleppende Auszahlung von Staatshilfen

Saarland/Region
VSU: Kein Freifahrtschein für Kommunen  
Saarländische Wirtschaft lehnt Testpflicht für Unternehmen ab

Tarifpolitik
Weiterer Einigungsversuch bei Metall-Tarifverhandlungen in NRW
Tarifeinigung beim Stahl: Gewerkschaft sieht Reallohnsteigerung
 
Arbeitswelt
BDI-Präsident kritisiert Berlins Homeoffice-Pflicht als realitätsfern
SPD-Chef fordert bundesweite Testpflicht für Unternehmen
 
Konjunktur
Volkswirte wollen Impfturbo
Bürger horten Milliarden Euro
Kältewelle verdirbt US-Verbrauchern Kauflust
 
Industrie / Handel
Mehr als ein Fünftel britischer Exporteure stoppen Verkäufe in die EU
 
Wirtschaftspolitik
Arbeitgeberpräsident Dulger kritisiert schleppende Auszahlung von Staatshilfen
 
Interview
Wolf: Wirtschaft muss bei den MPKs am Tisch sitzen
 


Saarland/Region

VSU: Kein Freifahrtschein für Kommunen  
Anlässlich der geplanten Novelle des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes warnt die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände vor einer Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen. „Der Entwurf erlaubt Kommunen über sehr unbestimmt gehaltene Begriffe eine breite wirtschaftliche Betätigung. Damit werden die bisher aus gutem Grund eng gehaltenen Schranken unnötig gelockert“, sagt VSU-Geschäftsführer Jens Colling. Das eröffne einen staatlich subventionierten Wettbewerb, der letztlich zu Lasten der privaten Wirtschaft geht. Kommunen sind bisher gehalten, nur im Rahmen der Daseinsfürsorge wirtschaftlich aktiv zu werden – und auch das nur, wenn es keine privaten Anbieter gibt, die diese Tätigkeit übernehmen können. Die Landesregierung begründet den Vorstoß unter anderem mit den neuen Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringen. Hier seien die bestehenden Regeln nicht mehr flexibel genug. Allerdings bietet das KSVG bereits jetzt die Möglichkeit, über Ausnahmegenehmigungen auch erweiterte wirtschaftliche Betätigung im Einzelfall zuzulassen. „Damit steht den Kommunen bereits jetzt der Weg offen, in begründeten Einzelfällen auch außerhalb ihres Kerngeschäfts tätig zu werden, einer weiteren Öffnung bedarf es aus unserer Sicht nicht.“ Colling verweist auf das Beispiel der Meeresfischzucht in Völklingen. „Das dortige Desaster hat gezeigt, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist.“ Missmanagement und Selbstüberschätzung der kommunalen Führung haben der Stadt einen zweistelligen Millionenverlust beschert.  (Quelle: VSU)

Saarländische Wirtschaft lehnt Testpflicht für Unternehmen ab
Unrealistisch und nicht zu Ende gedacht – so denken die Wirtschaftsorganisationen im Saarland über eine Corona-Testpflicht für Unternehmen. Die Vereinigung Saarländischer Unternehmensverbände (VSU) und die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes (IHK) wollen von der Testpflicht für Unternehmen nichts wissen. VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter sagte dem SR, viele Unternehmen seien bereit, die Mitarbeiter zu testen, um Infektionen zu vermeiden. Eine Testpflicht sei aber nicht realistisch, denn es gebe viele kleinere Unternehmen ohne eigene Betriebsärzte. Sie wüssten nicht, wie sie diese Tests organisieren könnten. Der Politik sei es nicht gelungen, eine Testpflicht umzusetzen, den Unternehmen traue sie das offenbar zu. Beim Testen von Grenzgängern habe das Saarland gute Erfahrungen gemacht. IHK-Hauptgeschäftsführer Frank Thomé weist darauf hin, dass laut DIHK-Umfrage bereits über die Hälfte der Unternehmen Coronatests für Mitarbeiter anbietet. Die Forderung nach einer Testpflicht sei nicht zu Ende gedacht. Es gebe Beschaffungsengpässe, offene Fragen zu Hygienebestimmungen und es sei unklar, welche Tests eingesetzt werden sollen. VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter weist darauf hin, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter vermutlich nicht zu Tests verpflichten können. Ähnlich wie in den Schulen könnten die Tests nur freiwillig angeboten werden. Nur wenn die Beschäftigten bereit seien, sich testen zu lassen, könne das Unternehmen sie durchführen. Umfassender Schutz für die Beschäftigte wird nur durch Impfen erreicht, so Martin Schlechter. Der VSU-Hauptgeschäftsführer sagte dem SR weiter, das Land müsse jetzt Strukturen für schnelleres Impfen schaffen. Es gebe die Möglichkeit auf Betriebsärzte zurückzugreifen, das sei extrem viel Aufwand und brauche Vorlaufzeit. Er erwarte dazu nun ein Signal aus der Landespolitik. Kanzleramtsminister Helge Braun hat sich für eine Testpflicht in Unternehmen ausgesprochen, wenn eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft nicht umgesetzt wird. (Quelle: VSU/SR)
   
 
Tarifpolitik
 
Weiterer Einigungsversuch bei Metall-Tarifverhandlungen in NRW
Bei den Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie unternehmen Arbeitgeber und IG Metall am Montag in Nordrhein-Westfalen einen neuen Einigungsversuch. Sie treffen sich in Düsseldorf zur mittlerweile siebten Verhandlungsrunde. Vor allem bei der Frage, in welchem Umfang Löhne und Gehälter erhöht werden, liegen beide Seiten noch weit auseinander. Die Arbeitgeber hatten am vergangenen Freitag nach eigenen Angaben für das Jahr 2021 eine Einmalzahlung von 350 Euro angeboten. Die Gewerkschaft wies dies als „völlig unzureichend zurück“. Auf anderen Gebieten gibt es dagegen Annäherungen. In der Metall- und Elektroindustrie wird in NRW für rund 700.000 Beschäftigte verhandelt, bundesweit sind es rund 3,8 Millionen Mitarbeiter der zentralen deutschen Industriezweige. Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach einer Tariferhöhung im Volumen von 4 Prozent in die Verhandlungen gegangen. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
Tarifeinigung beim Stahl: Gewerkschaft sieht Reallohnsteigerung
Für den Großteil der deutschen Stahlindustrie gibt es eine Einigung über einen neuen Tarifvertrag. Arbeitgeber und IG Metall vereinbarten am Samstagmorgen in Düsseldorf regelmäßige Einmalzahlungen und eine Corona-Prämie für die rund 70.000 Beschäftigten der Branche in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen. Der nordrhein-westfälische Bezirksleiter der IG Metall, Giesler, sieht in der Einigung eine Richtschnur für die Tarifverhandlungen in der deutlich größeren Metall- und Elektroindustrie. Die Beschäftigten in der Stahlindustrie erhalten zum 30. Juni 2021 eine steuerfreie Corona-Prämie in Höhe von 500 Euro. Daneben vereinbarten Arbeitgeber und Gewerkschaft eine weitere Einmalzahlung von 600 Euro, die zunächst in Teilbeträgen überwiesen und ab 2023 jedes Jahr ausgezahlt wird. Diese wiederkehrenden Zahlungen, die bei künftigen Tariferhöhungen ebenfalls steigen sollen, können zur Beschäftigungssicherung in Freizeit umgewandelt werden. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
 
Arbeitswelt
 
BDI-Präsident kritisiert Berlins Homeoffice-Pflicht als realitätsfern
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Russwurm, hat Berlins Regierenden Bürgermeister Müller für die beschlossene Homeoffice-Pflicht scharf kritisiert. Unternehmen setzten schon jetzt auf möglichst viel Homeoffice. „Dass der Regierende Bürgermeister von Berlin diese Maßnahmen pauschal als nicht ausreichend disqualifiziert und wortwörtlich über Nacht pauschale Vorgaben macht, obwohl es eine klare Vereinbarung dazu zwischen Bundesregierung, Ministerpräsidenten und den Spitzenverbänden der Industrie gibt, finde ich
Irritierend“, sagte Russwurm im Interview mit dem „Tagesspiegel“ vom Montag. „Feste Quoten sind
realitätsfern.“ (Quelle: Tagesspiegel, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
SPD-Chef fordert bundesweite Testpflicht für Unternehmen
SPD-Chef Walter-Borjans will Unternehmen in Deutschland verpflichten, ihre Mitarbeiter auf das Coronavirus zu testen. „Es braucht sofort eine bundesweite Testpflicht für Unternehmen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Samstag. Zweimal pro Woche müssten die Arbeitgeber alle Angestellten testen. „Für einen freiwilligen Test-Appell ist es viel zu spät, weil einfach nicht alle Betriebe mitmachen.“ Sein Parteikollege und Bundesarbeitsminister Heil setzt dagegen auf eine Selbstverpflichtung der Betriebe. Das hatte Heil noch am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“ bekräftigt. „Aber wenn das nicht passiert, muss auch klar sein, werden wir ein verpflichtendes Testangebot machen“, wendete Heil ein. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
 
Konjunktur
 
Volkswirte wollen Impfturbo
Volkswirte führender deutscher Finanzinstitute haben eine deutliche Verbesserung beim Impftempo gefordert, um die wirtschaftliche Lage in der Corona-Pandemie zu verbessern. „Wir brauchen bei Impfungen, Tests und Kontaktnachverfolgung eine What-ever-it-takes-Mentalität“ (etwa: „Koste es, was wolle“), sagte die Chefvolkswirtin der staatlichen Bankengruppe KfW, Köhler-Geib, in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Nur so können wir aus dem Lockdown nachhaltig entkommen“, betonte sie. Auch die „Wirtschaftsweise“ Grimm von der Universität Nürnberg sagte: „Letztlich ist die größte Chance ein zügiger Impffortschritt.“ Dass es noch keine Impfstoffe für Kinder gebe, sei eine offene Flanke, sagte Grimm. Allianz-Volkswirtin Utermöhl betonte: „Es gibt ein Wettrennen zwischen dem Impfen und dem Virus.“ Derzeit sei nicht davon auszugehen, dass eine ausreichend große Gruppe von etwa 70 Prozent der Bevölkerung bis zum Ende des zweiten Quartals geimpft sei. „Wir gehen eher von 30 Prozent aus“, sagte Utermöhl. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
Bürger horten Milliarden Euro
Ökonomen und Banker erwarten kein kurzfristiges Ende des aktuellen Konsumstaus in Deutschland. „Die Einlagen werden weiter wachsen, das zeigt sich schon in den ersten acht Wochen des neuen Jahres“, sagt der Präsident des bayerischen Genossenschaftsverbands, dem Dachverband der Volks- und Raiffeisenbanken im Freistaat, Groß. „Die Kunden hatten deutlich weniger Möglichkeiten zum Konsumieren“, sagt der Geschäftsführer des Kreditbereichs beim Online-Portal Check24 Nau. Die Fachleute rechnen zwar damit, dass der Konsum wieder anzieht, wenn die Krise abklingt. „Allerdings nicht schlagartig mit einem Big Bang, genauso wenig, wie die Krise mit einem Big Bang vorübergehen wird“, prophezeit Nau. Deutschlands Bürger horten in der Corona-Krise Unsummen an Geld. Nach Zahlen der Bundesbank sind die Bankeinlagen der privaten Haushalte von Januar 2020 bis Januar 2021 um 182 Milliarden auf 1,73 Billionen Euro gestiegen, wie dem März-Monatsbericht zu entnehmen. (Quelle: dpa, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
Kältewelle verdirbt US-Verbrauchern Kauflust
Die US-Verbraucher haben ihren Konsum im Februar stärker eingeschränkt als gedacht. Ihre Ausgaben sanken um 1,0 Prozent zum Vormonat, wie das US-Handelsministerium am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Minus von 0,7 Prozent gerechnet, nachdem es im Januar noch ein Plus von revidiert 3,4 Prozent gegeben hatte. Zu Jahresbeginn wurde der Konsum durch eine erste Runde von Barschecks der Regierung an die Bürger im Kampf gegen die Corona-Krise stimuliert. Im Februar wurde die Kauflust der Amerikaner allerdings durch eine Kältewelle in weiten Teilen des Landes beeinträchtigt. Die US-Notenbank (Fed), die Vollbeschäftigung und überdies stabile Preise fördern soll, achtet auf Preisveränderungen bei den persönlichen Ausgaben der Verbraucher, wobei Energie- und Nahrungsmittelkosten ausgeklammert werden. Diese Teuerungsrate stieg im Februar um 1,4 Prozent. Die von Reuters befragten Experten hatten mit 1,5 Prozent gerechnet. (Quelle: Reuters, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
 
Industrie / Handel
 
Mehr als ein Fünftel britischer Exporteure stoppen Verkäufe in die EU
Britische Exportunternehmen leiden einer Umfrage zufolge am stärksten unter dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU). „Diejenigen, die international Geschäfte machen, werden mit einem unglaublich aufwendigen, ungewohnten Papierkram konfrontiert“, sagte der nationale Vorsitzende des Verbandes kleiner Unternehmen (FSB), Cherry, am Sonntag. „Wir hatten gehofft, dass es sich um Kinderkrankheiten handeln würde, aber es scheint zu einem dauerhaften, grundsätzlichen Problem zu werden.“ In der Umfrage des FSB gaben mehr als ein Fünftel der kleinen britischen Exporteure an, ihre Verkäufe in die EU vorübergehend ausgesetzt zu haben, zusätzliche vier Prozent haben den Handel mit der EU dauerhaft eingestellt. Etwas mehr als jeder Zehnte habe bereits eine Niederlassung in einem EU-Land gegründet oder ziehe dies in Erwägung, hieß es weiter. (Quelle: Reuters, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 
 
Wirtschaftspolitik
 
Arbeitgeberpräsident Dulger kritisiert schleppende Auszahlung von Staatshilfen
Arbeitgeberpräsident Dulger kritisiert, dass der Wahlkampf zur Bundestagswahl schon jetzt notwendige Maßnahmen in der Corona-Krise blockiere. Der BDA-Chef sagte der „Heilbronner Stimme“ vom Samstag, er finde es bedenklich, „dass der Bundestagswahlkampf offenbar bereits wichtige Entscheidungsprozesse lähmt oder gar behindert.“ Er sehe mit Sorge, dass Finanzminister Scholz Wirtschaftsminister Altmaier immer häufiger Knüppel zwischen die Beine werfe, beispielsweise mit der schleppenden Auszahlung von Staatshilfen. „Mit einer solchen destruktiven Form der Profilierung muss jetzt Schluss sein.“ Mit Blick auf die Hilfen für Betriebe sagte Dulger: „Wenn ich auf die Hotellerie, die Gastronomie, die Veranstaltungsbranche oder beispielsweise auf körpernahe Dienstleistungen im Handwerk blicke, dann stelle ich fest: Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, an dem viele mit ihren Anstrengungen am Ende sind.“ (Quelle: Heilbronner Stimme, M+E-Newsletter Gesamtmetall)
 

Interview
 
Wolf: Wirtschaft muss bei den MPKs am Tisch sitzen
Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf kritisiert die Corona-Politik der Bundesregierung.

BamS:
Herr Wolf, Sie sind Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens mit mehr als 10.000 Mitarbeitern. Fühlen Sie sich von der Politik verlässlich durch die Krise navigiert?
Wolf:
Leider nicht mehr. Die Ministerpräsidentenrunde mit der Bundeskanzlerin hat scheinbar das Gefühl dafür verloren, wie die Wirtschaft tickt. Ihre Beschlüsse gehen seit Monaten völlig an den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen und Betriebe vorbei. Zu glauben, die Wirtschaft könnte innerhalb von zehn Tagen einfach mal zwei zusätzliche Feiertage umsetzen, ist völlig absurd.
BamS:
Die Kanzlerin hat sich für diesen Vorstoß entschuldigt. Verzeihen Sie ihr?
Wolf:
Es ist immer gut, Fehler einzugestehen. Jetzt müssen aber auch Konsequenzen daraus gezogen werden. Es darf nicht mehr passieren, dass die höchsten Politiker dieses Landes wirtschaftspolitische Entscheidungen treffen, ohne den nötigen Sachverstand mit einzubeziehen. Die Wirtschaft muss bei diesen Verhandlungen endlich mit am Tisch sitzen.
BamS:
Aktuell wird diskutiert, Unternehmen dazu zu verpflichten, ihre Mitarbeiter zweimal in der Woche zu testen. Was spricht dagegen?
Wolf:
Der verpflichtende Ansatz ist schon falsch, mit Freiwilligkeit geht das genauso gut. Logistisch ist das auch schlicht nicht umsetzbar. Hinzu kommt: Die Tests stehen gar nicht in ausreichender Stückzahl zur Verfügung und die Beschränkung auf die Betriebe ist grob unfair.
BamS:
Welche Rolle können die Betriebe beim Impfen spielen?
Wolf:
Wir möchten helfen. Unsere Betriebsärzte müssen endlich in die Impfstrategie miteinbezogen werden. Wir stehen bereit. Sobald der Impfstoff bei uns ist, werden wir unsere Mitarbeiter schnell durchimpfen. Von der Politik fordere ich: Sagt uns endlich, wann wir loslegen können!
BamS:
Was halten Sie von einem kurzen, aber harten Lockdown, um aus der Krise rauszukommen?
Wolf:
Was wir brauchen, sind einheitliche Regelungen. Es muss endlich aufhören, dass jede Kommune ihren eigenen Sonderweg gehen kann. Es wäre mir lieber, wenn wir noch mal zehn Tage bundesweit in einen harten Lockdown gehen und danach überall öffnen können, anstatt über Monate keine klaren Strukturen zu haben.
BamS:
Die Metall-Branche befindet sich seit Dezember in Tarifverhandlungen, diese Woche ist die sechste Runde in NRW gescheitert. Woran liegt's?
Wolf:
Das liegt aktuell am mangelnden Einigungswillen der IG Metall. Wir haben ein gutes Angebot auf den Tisch gelegt – eine Corona-Beihilfe in diesem Jahr. Auch eine Tariferhöhung im Jahr 2022 können wir uns vorstellen. Mehr ist einfach nicht drin. Weltweit haben die Automobilhersteller im Jahr 2020 rund 20 Millionen Fahrzeuge weniger verkauft als 2018. Es gibt nichts zu verteilen.
BamS:
Die Gewerkschaft fordert 4 Prozent mehr Lohn. Wieso sollte das nicht möglich sein, Dividenden-Zahlungen bei Daimler oder VW dafür aber schon?
Wolf:
Die Branche besteht nicht nur aus Daimler und VW, sondern zum größten Teil aus mittelständischen Unternehmen. Von denen sind sehr viele 2020 in die Verlustzone gerutscht und brauchen dringend Entlastungen.
BamS:
Was droht, wenn die Lohnkosten weiter steigen?
Wolf:
Viele Unternehmen haben Verlagerungspläne ins Ausland in der Schublade. Ich will denen keinen Grund geben, die da wieder rauszuholen. Schon in den vergangenen beiden Jahren sind fast 200.000 Jobs in der Metall- und Elektro-Industrie weggefallen. Wenn die Wettbewerbssituation sich nicht bessert, müssen wir damit rechnen, dass weitere Hunderttausende Jobs ins Ausland verlagert werden.
BamS:
Sie sind Unternehmer in einem Bundesland, das seit zehn Jahren von einem grünen Ministerpräsidenten regiert wird. Was löst der Gedanke an eine grün angeführte Bundesregierung bei ihnen aus?
Wolf:
Da wird es mir himmelangst und bange, denn die Grünen auf Bundesebene verfolgen einen Kurs, der diametral zur Politik von Winfried Kretschmann steht. In Baden-Württemberg haben die Grünen verstanden, welche Bedeutung die Wirtschaft für die Menschen hat. Ohne Industrie kein Wohlstand! Auf Bundesebene hingegen drängen die Grünen auf ein Verbot des Verbrennungsmotors ab 2030. Sollte sich die Partei damit durchsetzen, werden massig Arbeitsplätze in diesem Land wegfallen.
BamS:
Sollten auch Rentner an der Krisenbewältigung beteiligt werden?
Wolf:
Nein, es ist richtig, dass der Staat Rentnern die Rentengarantie gibt: Wenn Menschen ein ganzes Leben lang arbeiten, müssen sie sich auch darauf verlassen können, dass sie im Alter einen gewissen Lebensstandard erreichen. Allerdings ist die Rentenentwicklung an die Entwicklung der Löhne gekoppelt und auch in diesem Jahr gibt es wenig Spielraum für Lohnerhöhungen bei den Arbeitnehmern. Deshalb können die Renten auch im kommenden Jahr wohl nur stabil gehalten werden, große Sprünge nach oben sind nicht drin. Völlig falsch wäre es, jetzt über höhere Sozialbeiträge zu sprechen, um die Renten- und Sozialkassen zu stützen. Wenn die Bundesregierung das anders sieht, muss sie eben andere Wege finden.
BamS:
Das heißt ...?
Wolf:
... dass es dann Aufgabe von Finanzminister Olaf Scholz wäre zu überlegen, an welcher anderen Stelle im Bundeshaushalt gespart werden kann. Auf den Unternehmen lasten die Sozialbeiträge schon jetzt bei 40 Prozent. Wenn wir die noch anheben, fahren wir den Laden an die Wand. Wenn das noch nicht ausreichen sollte, ist notfalls der Staat in der Pflicht und muss bei Renten- und Sozialkassen zuschießen. (Quelle: Bild am Sonntag / Interview: Thomas Block, Johannes C. Bockenheimer, M+E-Newsletter Gesamtmetall)